Dr. Silke Schmitt Oggier - Med. Leiterin von sante24
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5 Fragen an Dr. Silke Schmitt Oggier - Bettwanzen: nicht gefährlich, aber eine Plage

Es scheint ganz schlimm zu jucken, sie kratzen sich die ganze Zeit. Sonst geht es ihnen aber gut, sie haben gut gefrühstückt und sind munter». Dieses Mail von Familie Graber erreichte sante24 dieser Tage aus dem Ausland. Die Gesundheitsberaterin schlägt den Eltern vor, wenn möglich eine Telefonnummer und ein Foto zu mailen und Zeitfenster für einen Rückruf eines Arztes anzugeben. Kurze Zeit später liegen die Fotos vor und der sante24-Arzt kann Sophie Graber auf dem Handy erreichen. An den Beinchen der Kinder sieht man jeweils mehrere Stiche hintereinander, strassenförmig und die Stichstellen sehen leicht geschwollen, zum Teil schon aufgekratzt aus. Der Arzt ist sich fast sicher, dass es sich um Bettwanzenstiche handelt. Sophie Graber ist schockiert und stellt dem Arzt ganz viele Fragen.


Gibt es bei uns in Europa noch Bettwanzen?
Es gibt sie nicht noch, sondern eher wieder. Nachdem Bettwanzen vor 30 Jahren fast ausgestorben waren, sind sie momentan aufgrund von Globalisierung und Resistenzen gegen Insektizide weltweit auf dem Vormarsch, auch in Europa. Mit ihrem apfelkernartigen, platten Körper verstecken sie sich gerne tagsüber hinter Tapeten, in Ritzen von Bettgestellen, Möbeln und Polstern oder in Gepäckstücken und können so auch weitere Distanzen zurücklegen bzw. Eier zurücklassen. Alle drei bis fünf Nächte nehmen sie wenn möglich eine menschliche Blutmahlzeit ein, können aber auch «Hungerperioden» von bis zu acht Monaten überleben.

Wie erkennt man Bettwanzenstiche oder -bisse?
Man findet meistens vier bis sechs Stiche in einer Reihe, wie eine Strasse oder eine Kurve an den nachts unbedeckten Stellen, also am häufigsten an Armen, Schultern und Beinen, bei kleineren Kindern auch manchmal im Gesicht. Achselhöhlen und Kniekehlen sind selten betroffen. Wegen der zuerst anästhesierenden Wirkung des Speichels der Bettwanzen bemerkt man die Stiche nicht sofort, sondern sie beginnen in der Regel erst am nächsten Morgen stark zu jucken. In der Mitte der juckenden 1-2 cm grossen Quaddel findet sich bei genauem Hinsehen oft ein kleiner Blutpunkt. Bei manchen Menschen entwickeln sich kleine Bläschen, die man zu Beginn mit wilden Blattern (Varizellen) oder anderem verwechseln kann.

Sind Bettwanzenstiche gefährlich?
Wahrscheinlich nicht, zumindest konnten Bettwanzen noch nie als Überträger von Krankheiten identifiziert werden, obwohl sie schon auf mehr als 40 verschiedene mögliche Krankheitserreger hin untersucht wurden. Deshalb besteht auch keine Meldepflicht. Wie bei Läusen handelt es sich also um eine Plage, aber nicht im eigentlichen Sinn um eine medizinische Gefahr. Aufgrund des starken Juckreizes und des nachfolgenden Aufkratzens ist allerdings die Ausbildung eines Ekzems oder einer Infektion, die dann auch zu Fieber und Krankheitsgefühl führen kann und evtl. Antibiotika benötigt, nicht ausgeschlossen.

Was kann man dagegen tun?
Am wichtigsten ist es, die Symptome zu lindern. Hierzu kann man juckreizstillende Gels oder Salben und evtl. desinfizierende Mittel aus der Apotheke auf die Stichstellen auftragen oder auch Mentolspiritus. Genügt das nicht, können zusätzlich Cortison-Cremes zum Einsatz kommen. Ist der Juckreiz ganz schlimm, helfen evtl. antiallergische Mittel  zum Einnehmen. Dafür braucht es zum Teil ein Rezept von einem Arzt. Bis Wanzenbisse ganz verheilt sind, dauert es in der Regel ein bis zwei Wochen, wobei der Juckreiz nach den ersten Tagen stark abnimmt.

Welche Umgebungsmassnahmen sind notwendig?
Ist man dem Bettwanzenherd entflohen, indem man z.B. das Hotel, die Ferienwohnung oder ähnliches schon verlassen hat, kann man zur eigenen Sicherheit Bettwäsche und Kleider bei 60°C waschen und evtl. andere Dinge, in denen sich Bettwanzen verstecken können oder Eier abgelegt haben könnten, wenn möglich in Folie verpackt 2 Tage bei -18°c tiefgefrieren. Entscheidend für das Eliminieren der Ansteckungsquelle ist allerdings nur die Sanierung des Wohnumfelds, in dem man die Wanzenstiche bekommen hat. Die Bekämpfung mit Insektiziden sollte unbedingt durch einen Experten durchgeführt werden. Bei vermutetem oder sicherem Befall von Hotels, Ferienwohnungen, Schiffskabinen usw. unbedingt den Besitzer/Betreiber und evtl. das lokale Tourismusbüro informieren. Vom Kauf gebrauchter Betten und Matratzen wird generell abgeraten.

 

Dr. med. Silke Schmitt Oggier ist die Medizinische Leiterin von sante24. Die telefonische Gesundheitsberatung sante24 ist eine zentrale Dienstleistung von SWICA, die den SWICA-Versicherten bei allen Fragen rund um die Gesundheit unter der Nummer 044 404 86 86 kostenlos zur Verfügung steht. Die Fachkräfte von sante24 vereinbaren bei Bedarf einen Arzttermin und schaffen so die Grundlage für eine koordinierte und zielgerichtete Behandlung – von der ersten Beratung bis zum Therapieabschluss.

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