Dr. Silke Schmitt Oggier - Med.Leiterin von sante24
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5 Fragen an Dr. Silke Schmitt Oggier - was müssen wir über Zecken wissen?


Können Sie mir da helfen?». Die Gesundheitsberaterin kann dies selbstverständlich.

 

Wo und wann kommen Zecken überhaupt vor?
Zecken kommen in der ganzen Schweiz vor und zwar bis zu einer Höhe von ca. 1500 m über Meer vor allem an eher wilden Waldrändern, Waldlichtungen, Waldwegen und Hecken sowie in hohem Gras- und Buschland. Sie leben auf niedrig wachsenden Pflanzen (bis max. 1,5 m), warten auf einen vorübergehenden Wirt (z.B. den Menschen) und lassen sich von diesem abstreifen. Das Risiko, von Zecken befallen zu werden, ist im Winter wesentlich kleiner als zwischen März bis Oktober. Die Zecken besitzen einen Rüssel, mit dem sie sich in die Haut bohren. Beim Stich sondern sie eine betäubende Substanz ab, so dass dieser häufig nicht bemerkt wird.

Welche Krankheiten können von Zecken auf den Menschen übertragen werden?
Während des Blutsaugens, das mehrere Tage dauern kann, können infizierte Zecken in erster Linie ein Bakterium (Borrelia burgdorferi), Erreger der Lyme-Borreliose, und ein Virus, Erreger der Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME), auch Zeckenenzephalitis genannt, übertragen.

In der Schweiz sind 5 bis 30 % (stellenweise sogar bis zu 50 %) der Zecken mit dem Erreger der Lyme-Borreliose infiziert. Schätzungsweise 6000 bis 12 000 Personen erkranken jährlich daran. Die Borreliose kann mit Antibiotika behandelt – und, wenn sie rechtzeitig erkannt wird – auch vollständig geheilt werden.

Bei der FSME ist bekannt, dass Fälle in gewissen Gebieten gehäuft vorkommen (siehe die FSME-Karte). Über einer Höhe von rund 1000 m über Meer wurden bisher keine infizierten Zecken registriert. In der Schweiz werden jährlich zwischen 100 und 250 Fälle von Zeckenenzephalitis gemeldet. Etwa 80% dieser Patienten müssen ins Spital eingewiesen werden.

Wie sind die Symptome der beiden Krankheiten?
Bei der Lyme-Borreliose ist das erste Krankheitszeichen häufig eine wenige Tage nach dem Zeckenstich auftretende typische ringförmige Rötung der Haut mit blassem Inneren, die sich (manchmal auch auf andere Körperteile) ausdehnt, weshalb sie auch ‚wandernde Rötung‘ genannt wird. Gleichzeitig können grippeartige Symptome auftreten. Dieses Krankheitsstadium heilt auch ohne Antibiotika aus. Trotzdem ist eine Behandlung mit Antibiotika unbedingt angezeigt, weil man damit eine Ausbreitung des Erregers auf andere Organe verhindern kann. Ansonsten kann es Wochen bis Monate später zu einem zweiten Krankheitsstadium kommen. Dabei können die Gelenke (vor allem die Kniegelenke), das Nervensystem, die Haut (Schwellungen etc.) und selten das Herz (Herzrhythmusstörungen) betroffen sein. Da die Symptome auch zu vielen anderen Krankheiten passen und man schon lange nicht mehr an den Zeckenstich denkt, ist die Diagnose in dieser Phase oftmals sehr schwierig. Wird die Erkrankung jedoch nicht rechtzeitig erkannt und mit Antibiotika behandelt, können lebenslange Schädigungen zurückbleiben.

Die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) verläuft oft auch in zwei Phasen. In der ersten Phase können etwa 7 bis 14 Tage nach dem Zeckenstich bei einem Teil der Personen grippeartige Beschwerden wie Kopfschmerzen, Fieber, Müdigkeit oder Gelenkbeschwerden auftreten. Diese Symptome verschwinden nach wenigen Tagen, und an einen Zusammenhang mit einem Zeckenstich wird nur selten gedacht. Nach einem beschwerdefreien Intervall kann es zu einer zweiten Krankheitsphase mit Befall des zentralen Nervensystems kommen. Die Symptome dieser Hirnhaut- oder Hirnentzündung sind starke Kopfschmerzen, Lichtscheu, Schwindel, Konzentrationsstörungen, Sprechstörungen, sowie Gehstörungen. Diese Probleme können Wochen bis Monate andauern. Bei schweren Verläufen können Lähmungen der Arme, Beine oder der Gesichtsnerven auftreten und zu bleibenden Behinderungen führen. Bei Kindern verläuft die Krankheit in den meisten Fällen gutartig, d.h. ohne bleibende Schädigungen.

Was machen nach einem Zeckenstich?
Die Zecke möglichst rasch entfernen mit einer feinen Pinzette oder Zeckenkarte durch Fassen direkt über der Haut und kontinuierlichen Zug (nicht drehen!). Kein Öl, Klebstoff oder anderes auf die Zecke geben, da sie sonst durch ihren Rüssel «erbricht» und die Übertragungsgefahr noch grösser wird. Anschliessend die Stichstelle desinfizieren. Treten nach einem Zeckenstich Symptome auf, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Wird eine wandernde Rötung festgestellt, ist eine antibiotische Behandlung angezeigt. Eine vorbeugende Behandlung ohne dass Symptome bestehen, ist nicht empfohlen.

Was ist der beste Schutz?
Gegen Zeckenstiche kann man sich durch gut abschliessende Kleidung und das Meiden von Unterholz schützen. Auch die korrekte Anwendung von Schutzmitteln (Repellentien) auf der Haut und auf der Kleidung kann Schutz bieten. Da die schmerzlosen Zeckenstiche häufig nicht bemerkt werden, wird empfohlen, nach Aufenthalten in Risikogebieten den ganzen Körper und die Kleidung sorgfältig auf Zecken abzusuchen. Zecken bevorzugen warme, feuchte und dünne Hautpartien wie die Kniekehlen, die Innenseite der Oberschenkel, Leisten, Hals, Nacken, und Achselhöhlen. Bei Kindern ist häufig auch die Kopfhaut befallen. Für Personen, die in Gebieten mit Impfempfehlung wohnen oder sich zeitweise dort aufhalten, ist eine Impfung empfehlenswert. Dies nicht nur für Kinder, sondern fast noch wichtiger, für deren Eltern, da die Komplikationsrate bei den Erwachsenen deutlich höher ist als bei Kindern.

Nach diesem längeren Gespräch fühlt sich Beat Zubler sehr viel sicherer beim Thema Zecken. Da die Familie viele Velo-Ausflüge macht, ist der Zeckenschutz für alle sehr wichtig. Die Kinder sind schon gegen FSME geimpft, aber durch das Telefonat erfährt Beat Zubler, dass er und seine Frau sich unbedingt auch impfen lassen sollten. Auf das abendliche Zeckensuchen und eventuelle Wanderröte wird er in Zukunft auch besonders achten und weiss dann, was zu tun ist.

 

Dr. med. Silke Schmitt Oggier ist die Medizinische Leiterin von sante24. Die telefonische Gesundheitsberatung sante24 ist eine zentrale Dienstleistung von SWICA, die den SWICA-Versicherten bei allen Fragen rund um die Gesundheit unter der Nummer 044 404 86 86 kostenlos zur Verfügung steht. Die Fachkräfte von sante24 vereinbaren bei Bedarf einen Arzttermin und schaffen so die Grundlage für eine koordinierte und zielgerichtete Behandlung – von der ersten Beratung bis zum Therapieabschluss.

 

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