Fragen an Dr. med. Martin Denz: "Stress".
Frau S., 41-jährig, verheiratet, zwei Söhne im Alter von 11 und 13 Jahren, nimmt mit sante24 telefonisch Kontakt auf. Der Gesundheitsberaterin teilt sie mit, dass sie sehr grossen Stress habe.Die Kindererziehung, der Haushalt und die Berufstätigkeit zu 50% im Betrieb ihres Mannes wachsen ihr über den Kopf. Sie berichtet weiter, dass Sie Angst habe, wieder in ein Tief zu fallen. Vor drei Jahren war sie wegen einer Depression in ärztlicher Behandlung. Frau S. wird an eine Ärztin von sante24 weitergeleitet. Der Ärztin erzählt sie von ihren Schlafstörungen, innerer Unruhe, Gereiztheit und Leistungsabfall. Den Vorschlag der Ärztin, ihre Situation mit dem Gesundheitspsychologen von sante24 telefonisch zu besprechen, nimmt sie sofort an und schildert dem Psychologen ihre Situationen. Frau S. ist sehr motiviert, aktiv etwas zum Stressabbau und für ihre Lebensqualität zu machen. Sie füllt die Online-Checkliste auf www.stressnostress.ch aus und sendet diese mit der erhaltenen Auswertung dem Psychologen. Mit Hilfe der psychologischen Telefonberatung während drei Monaten lernt sie, ihren Stress mit Entspannungsübungen sowie mit Aufgaben-/Lebensplanung und realisierbareren Zielsetzungen nach und nach abzubauen und ihre Lebensqualität und Gesundheit zu verbessern, was sich auch positiv auf die Beziehung zu ihrem Mann und ihren Kindern auswirkt.
- Nehmen die Anrufe bei sante24 wegen Stress zu?
Die Anrufe von Personen, die unter belastendem Stress im Zusammenhang mit Beziehungskonflikten im privaten und Berufsalltag (u.a. Mobbing) und Krankheiten wie Burnout, Depression leiden, nehmen bei sante24 stetig zu. Dies erstaunt nicht, fühlen sich doch rund ein Drittel der Erwerbstätigen in der Schweiz häufig oder sehr häufig gestresst, was etwa 30% mehr sind als noch vor zehn Jahren (Stress-Studie seco, 2010; 2000). Entsprechend hoch fallen mit 4,2 Milliarden Franken die direkten Stresskosten (Löhne für Fehlzeiten und Produktionsausfall, medizinische Versorgung, Selbstmedikation) aus.
- Wer ist am stärksten betroffen?
Erwerbstätige zwischen 15 bis 43 Jahren fühlen sich gemäss der Schweizer Stress-Studie überdurchschnittlich oft, häufig oder sehr häufig gestresst.55 bis 64-jährige geben hingegen öfter als der Durschnitt an, nie gestresst zu sein.
- Was kann als normaler Stress bezeichnet werden und wo sollten die Warnlampen blinken?
Normaler Stress ist ein uraltes «Programm» des Menschen, um auf herausfordernde oder belastende Situationen reagieren zu können. Allerdings gibt es Grenzen: überhöhte Anforderungen, ungelöste Konflikte, Führungsdefizite und ständige Überlastungen können sich negativ auf die Gesundheit auswirken. Bei Befragungen unter Mitarbeitenden wurde psychosozialer Stress bei der Arbeit als eine stärkere Belastung gewertet als physische Belastungen wie z.B. Lärm, Hitze oder Staub. Stress kann dann krank machen, wenn die psychischen und/oder sozialen Anforderungen die unmittelbaren Handlungsmöglichkeiten übersteigen. Warnsignale zeigen sich auf vier Ebenen:
- Körperliche Ebene (z.B. Herzrasen, Blutdrucksteigerung; Atemprobleme als Folge von erhöhter Ausschüttung von Stresshormonen, Schlafstörungen)
- Geistige Ebene (z.B. Fixierung der Wahrnehmung auf das als bedrohlich erlebte Problem)
- Psychische Ebene (z.B. Gefühle der Ohnmacht und Hilflosigkeit; Angst und Unsicherheit)
- Verhaltensebene (z.B. ziellose Aktivität, destruktive Aggressivität)
Dauern diese Warnsignale über eine längere Zeit an, sollte man sich unbedingt mit den Ursachen auseinandersetzen, statt die Symptome zu bekämpfen, denn chronischer Stress kann zu Depression und Burnout führen.
- Was kann man tun, um besser mit Stress umzugehen?
Entspannung, Wellness und Bewegung wie Laufen, Nordic-Walking oder Tanzen helfen auf natürliche Art und Weise beim Abbau der Stresshormone. Damit man mit Stress besser umzugehen lernt, liefert eine Analyse des persönlichen Stressniveaus mit der «stressnostress-Checkliste» im Internet wertvolle Informationen über die Stresssignale und -ursachen und vermittelt Anregungen zum Stressabbau im Alltag. Wenn sich eine Person an ihrem Arbeitsplatz unter- oder überfordert fühlt, sollte sie die Signale ernst nehmen und mit Arbeitskolleg/-innen u/o Vorgesetzten über mögliche Veränderungen zum Auftanken und zur Entlastung sprechen. Mit solchen Klärungsgesprächen sowie gesundheitsförderndem Einzel-/Team-coaching können positive Resultate für alle Beteiligten erreicht werden.
Dr. med. Martin Denz ist Chefarzt von sante24. Die telefonische Gesundheitsberatung sante24 ist eine zentrale Dienstleistung von SWICA, die den SWICA-Versicherten bei allen Fragen rund um die Gesundheit unter der Nummer 044 404 86 86 kostenlos zur Verfügung steht. Die Fachkräfte von sante24 vereinbaren bei Bedarf einen Arzttermin und schaffen so die Grundlage für eine koordinierte und zielgerichtete Behandlung – von der ersten Beratung bis zum Therapieabschluss.
Weitere Informationsquellen
Schiller-Stutz K.: Mobbing und Arbeitsplatzkonflikte. Psychosozialen Stress erkennen - konstruktiv lösen - vorbeugen. HRM-Dossier Nr. 29, Zürich: SPEKTRAmedia, 2010 (Inhalte: Ursachen und Auswirkungen von Arbeitsplatzkonflikten / Stress / Mobbing-Handlungsmöglichkeiten, Gesetze, BGM, Checklisten).
Zellweger, R.: Jobwohl – zufrieden am Arbeitsplatz. Was Sie gegen Frust und Stress tun können. Zürich: Der Schweizer Beobachter, 2010.
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