Alles ist tipptopp aufgeräumt in dieser blitzblanken Garage im aargauischen Merenschwand. Jedes Werkzeug hat seinen Platz. Nichts von Karrenschmiere-Charme. Dennoch zeigen Details, dass wir hier in der Welt der Büezer, nicht in derjenigen der Bürogummis sind: Die überall verteilten Aschenbecher. Und der Kalender mit den blutten Fräulein.
Alles an seinem Platz.
Flurin war schon als Bub ein Pröbler, Bastler, Chlütteri, konnte Stunden damit verbringen, etwas zusammenzubauen. Ihm war klar: Automech wollte er werden. «Motoren faszinieren mich. Im Prinzip funktioniert der Antrieb heute noch gleich wie im letzten Jahrtausend».
Burkard blüht so richtig auf, wenn er sich um einen Oldtimer kümmern darf. Momentan ist es ein 80-jähriger Rolland & Pilain aus Tours: «Da kann man noch tüfteln, Ersatzteile selber herstellen. Handwerk eben», doch leider, so bedauert Flurin, würden an computerisierten Autos fast nur noch Teile ausgewechselt. «Service und Unterhalt faszinieren mich weit weniger als die Konstruktion».
Flurin wird sich deshalb weiterbilden. Ende September besucht er die Fachhochschule, um Maschinenbauingenieur zu werden. «Ich will Technik entwickeln, Neues entdecken. Dabei will ich mich auf das Gebiet der erneuerbaren Energien konzentrieren. Schliesslich sind die entscheidend für unsere Zukunft.»
Man merkt es gleich: Der Techniker Flurin interessiert sich für die Natur. «Blumen und Tiere bewegen mich mehr als Autos», bestätigt er. Der Naturfreund ist Mitglied der Strassenopfervereinigung Road Cross und der SP – und er ist im Vorstand der Caritas und des Verkehrs-Clubs der Schweiz, der sich für Fussgänger und Velofahrer stark macht. Ein Widerspruch zu seinem Beruf? «Ganz und gar nicht», findet Flurin, «Garagisten sollen die Umwelt respektieren, sich für alternative Energien einsetzen. Denn die Mobilität muss sich ändern. Andere Antriebe treten in den Vordergrund wie Wasserstoff, Biogas, Hybrid oder Elektro.»
An das sich selber lenkende Mobil glaubt er indes nicht. «Das menschliche Gehirn bleibt das Wichtigste».
Ein Roter im Stammland der Schwarzen
Im 2200-Nasen-Dorf Waltenschwil, wo der passionierte Hobbyfotograf wohnt, kommt man ohne Auto nicht weit. Traditionell war die Gegend tiefschwarzes CVP-Stammland, in den letzten Jahren machte sich die SVP breit. Hier ist Burkard in der Minderheit. Denn seit seinem 17. Lebensjahr ist er Mitglied einer Partei, die es hier schwer hat: Der Sozialdemokraten. «Die logische Heimat für einen Arbeiter», findet er.
Dass die Partei der Lohnempfänger im Bezirk Muri 14 Prozent Wähleranteil erringen konnte, ist ein Grosserfolg. Trotzdem machte der Automechaniker eine steile Polit-Karriere: Mit 22 Jahren wurde der Sohn eines Gemeindeschreibers und ehemaligen christlichsozialen Grossrats aus dem Freiamt als jüngster in den Aargauer Grossrat gewählt, nicht zuletzt, weil er als Büezer viele Stimmen aus anderen Parteien erhielt. Und in diesem Herbst kandidiert der 23-Jährige für den Nationalrat. Als Handwerker. Und Linker, der sich für Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit einsetzt.
Bürgerliche Parteien begnügten sich damit, auf Minderheiten rumzuhacken, findet er. Doch sie politisierten auf dem Buckel der Kleinen, die immer weniger haben, während einige wenige sich die Taschen voller Gold stopfen: «Drei Prozent der Bevölkerung besitzen so viel wie die restlichen 97 Prozent zusammen. Und gleichzeitig erhalten Grossaktionäre Steuergeschenke in Milliardenhöhe. Das ist gefährlich für unsere Demokratie!»
Text Beat A. Stephan
Bilder Nico Urban
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