Platz + Sportlichkeit = Fahrspass

Schneetauglich, aber kein Davoser - Honda Accord Tourer

Der Honda Accord Type S Tourer ist ein auf sportlich getrimmter Familienwagen. Familie Sauber testet, welches Gen dominant ist.

 

Beats Männermeinung:

«Ist es ein guter Wagen?» «Klar, alle Hondas sind gute Autos.» «Tatsächlich?» «Ja, schliesslich fahre sogar ich einen Honda.» Soweit der kurze Schwatz mit dem Honda-Angestellten, der mir den Accord Tourer Type S überreichte. Oder besser: Der mir den Accord überliess. Denn dieser stand an diesem winterlichen Nachmittag auf dem Parkplatz vor der Garage und war mittlerweile von einer beträchtlichen Schneeschicht überzogen. Ich wischte das Gröbste von den Scheiben und nahm mir vor, den Rest der Arbeit der Klimaanlage sowie der Front- und Heckscheibenheizung zu überlassen. Diese bestand diesen ersten Test. Wenige Minuten später war der auf sportlich getrimmte (eben Type S) Honda-Familienwagen fahrbereit.

Offensichtlich war jedoch beim Fahrer (mir) auf der schneereichen Anreise das Gefühl in den Füssen eingefroren. Denn irgendwie bereitete mir diese butterweiche Kupplung unerklärliche und beschämende Mühe. Ich spürte keinen Schleifpunkt und im gut geräuschgedämmten Innenraum war der Motor zudem kaum zu hören. Das Resultat: Ich stand mit dem Accord bockstill auf dem Parkplatz und liess den Motor derart amateurhaft aufheulen, dass es mir peinlich war. Ich tröstete mich in dieser seltsamen Situation damit, dass der Motor bei Esthers erstem Fahrversuch mit Sicherheit noch viel heftiger schreien würde. Was, wie sich später herausstellte, nicht der Fall war. Natürlich bloss deshalb, weil ich sie vorgewarnt hatte.

Bei spiegelglatter Unterlage durfte ich feststellen, dass wir mit dem Accord ein reichlich potentes Wägelchen erhalten hatten. Der 2,4-Liter-Motor entwickelt viel Vorwärts-Schub der dank dem manuellen Sechsgang-Getriebe schier ungefiltert auf die Räder übertragen wird. Das Fahrgefühl erinnerte leicht an den Mazda 6, mit dem ich damals Esther ins Geburtshaus chauffieren durfte. Kraftvoller Motor mit Handschaltung: Ich liebe diese Kombination. Allerdings – und das muss hier festgehalten werden – resultiert daraus ein Bezinverbrauch, der vor zehn Jahren vielleicht noch akzeptabel gewesen wäre. Nebst dem Fahrgefühl ist auch die optische Orientierung des Accord Tourers mit dem Mazda 6 Kombi vergleichbar: Sportlichkeit gepaart mit genügend Innenraum. Wobei ich fand, man hätte auch beim Accord das eine oder andere lackierte Plastikteilchen an der Frontpartie weglassen können.

 

"Ich stand mit dem Accord bockstill auf dem Parkplatz und liess den Motor derart amateurhaft aufheulen, dass es mir peinlich war"

 

Der Innenraum war «gmögig». Die Ledersitze fühlten sich gut, wenn auch bei winterlichen Temperaturen saukalt an. Esther schwörte deshalb auf die Sitzheizung. Ich selbst mochte und mag es nicht wirklich, wenn einem plötzlich das Gefühl überkommt, das Janick oder Lionel haben muss, wenn die Windel voller Wärme ist.

Voll war auch der Kofferraum ab und zu. Und zwar etwas schneller, als man hätte denken können. Gemessen an Kombi-Standards ist der Accord kein Riese. Aber ich finde, man sollte es einem Auto nicht vorwerfen, wenn es nicht über unvernünftig viel Platz verfügt, den man dann häufig doch nicht ausnützt.

Zu sehr ausgenützt, überladen und unaufgeräumt sogar, wirkte die Knopflandschaft an Armaturenbrett und Lenkrad auf mich. Da, so scheint es mir, wird einem High-Tech-Feeling der 90er-Jahre vermittelt: Je mehr Knöpfe, desto besser. Falsch! Glücklicherweise war es im Alltagsgebrauch aber gar nicht nötig, all diese Knöpfe zu bedienen. So konnte ich mich jeweils ganz aufs Fahren (oder aufs Unterhalten der Kinder) konzentrieren. Und das machte mir – wenige heikle Situationen (bei der Kinderunterhaltung) ausgenommen – recht viel Spass.

 

Übliches Bild während unseres Tests: Accord mit Häubchen.

 

Esthers Frauenmeinung:

Beat war an der Reihe, den Honda Accord für die Testfahrt abzuholen. Wir sind beide immer ein bisschen eifersüchtig, wenn jeweils der „Andere“ als erstes mit dem neuen Wagen fahren darf. Ich war gespannt darauf, was Beats erster Eindruck vom neuen Vehikel ist. Dieses Mal meinte Beat, der Accord sei schwierig zu fahren. Er habe ein Weilchen gebraucht, um sich an den Wagen zu gewöhnen. Diese Aussage flösste mir Respekt ein. Denn auch wenn ich es ungern zugebe, Beat ist der bessere und erfahrenere Autofahrer von uns beiden.

Deshalb war ich überaus positiv überrascht, als ich das erste Mal am Steuer sass, denn ich kam tip-top mit dem Accord zurecht. Das Kuppeln ging problemlos und ich bekam schnell ein Gefühl für den Wagen. Vor allem mit dem Gas geben nach dem Schalten musste man vorsichtig sein, drückte man das Gaspedal zu schnell, konnte dies nicht überhört werden.

Das Interieur empfand ich als sehr nett und bei der eisigen Kälte schätze ich die Sitzheizung besonders. Auffallend gut war auch die Sicht auf die Strasse, denn sowohl die Front- als auch die Heckscheibe waren grosszügig. Die Farbauswahl unseres Testwagens empfand ich jedoch als unmöglich. Ich esse lieber Auberginen, als dass ich sie fahre.

 

"Die Farbauswahl unseres Testwagens empfand ich jedoch als unmöglich. Ich esse lieber Auberginen, als dass ich sie fahre"

 

Das Navigationsgerät war auf Französisch eingestellt. Ich kann diese Sprache eigentlich recht gut, schliesslich weilte ich in meinen Jugendjahren ein halbes Jahr in Frankreich. Doch auch nach mehreren Versuchen schaffte ich es nicht, die Sprache auf Deutsch einzustellen. Somit kam es gar nie soweit, dass wir das Navigationsgerät hätten gebrauchen können.

Der Honda Accord ist schneetauglich. Problemlos konnten wir Neuenhofs Hausberg bezwingen. Was sich jedoch als ein Ding der Unmöglichkeit erwies, war, den Kinderwagen und einen Davoser Schlitten gemeinsam im Kofferraum zu verstauen. Wie sehr es Beat auch versuchte, es wollte nicht klappen.

Eine Frage wollte mich jedoch während der ganzen Testdauer nicht mehr loslassen. War der Wagen gar nicht so schwierig zu fahren oder sind meine Fahrkünste langsam besser als ich denke? Ich vermute, letzteres ist der Fall.

 

 

Technische Daten:

Honda Accord Type S Tourer

Masse: Länge: 4,75 Meter, Breite: 1,84 Meter, Höhe: 1,47 Meter, Leergewicht: 1559 Kg, Gesamtgewicht: 2050 Kg, Zuladung: 491 Kg, Kofferraumvolumen: 406 Liter/660 Liter, Sitzplätze für 5 Personen. Zwei Sitze im Fond mit Isofix-Befestigungen für Kindersitze ausgerüstet.

Motor: 4 Zylinder-Benzinmotor, 2354 cm3, 148kW/201 PS Verbrauch: Gesamt: 9,2 Liter/100 Kilometer, CO2-Emissionen: 213 g/km, Energieeffizienz-Kategorie F.

Preis: ab 43‘700 Franken

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