Die Leipziger Schule ist keine Lehrform, sondern eine künstlerische Strömung, die erstmals in den 1960er Jahren aufkam. Zahlreiche Künstler haben ihren Stil geprägt und nehmen noch heute Einfluss auf ihr Erscheinungsbild.
Diese haben zumeist in Leipzig gelernt, gelebt und gearbeitet und besitzen somit eine enge Verbindung zu der Stadt. Obwohl die Leipziger Schule von diversen Stilformen geprägt wurde, spielt der Surrealismus in ihrer Geschichte eine besonders wichtige Rolle. Namhafte Vertreter der Leipziger Schule, die noch heute ein grosses Echo in der Kunstwelt auslösen, sind Lutz Ketscher, Neo Rauch und Gerhard Richter.
Das zeichnet die Leipziger Schule aus
Die Leipziger Schule ist keine künstlerische Lehrmethode, sondern eine Strömung. Als solche zeichnet sie aus, dass sie ausgesprochen inhomogen ist und zahlreichen Künstlern mit jeweils eigenen Zielsetzungen ein Zuhause bietet. Gemeinsam war allen Kunstschaffenden der Anspruch, Kunstwerke zu kreieren, die eine hohe technische Kunstfertigkeit besitzen und eine konkrete Gesellschaftsanalyse vornehmen. Kunst besteht dieser Lesart nach nicht um ihrer selbst Willen, sondern hat eine gesellschaftliche Funktion. Dieser wird die Leipziger Schule durch eine Vielzahl von Wegen gerecht, indem sie verschiedene Stilrichtungen und Ansätze koexistieren lässt.
Die Leipziger Schule etablierte sich in den 1970er und 1980er Jahren und beeinflusste das Kunstverständnis in der ehemaligen DDR stark. Ihre Leistung bestand und besteht darin, eine eigene Kunstsprache erschaffen zu haben. Die Bilder haben eine konkrete Ausdrucksform und kommunizieren mit den Betrachtern. Sie laden durch die vielfältigen Techniken und die hohe Perfektion dazu ein, sich auf die Themenwelt der Kunstwerke einzulassen. In der DDR war die Leipziger Schule somit gefeiert und verpönt zugleich. Die Kunstfertigkeit ihrer Mitglieder war vielbeachtet, die subversive Gesellschaftskritik wurde hingegen abgelehnt. Nach dem Fall der Mauer erfand sich die Leipziger Schule neu und erlebte als Neue Leipziger Schule eine Art Renaissance.
Die Leipziger Schule fokussiert sich auf zwei Schwerpunkte
Obwohl sich die Leipziger Schule durch eine grosse Stilvielfalt auszeichnet, orientieren sich ihre Künstler zumeist in eine von zwei Richtungen: expressiv-leidenschaftlich oder kühl-sachlich. Die Bilder der ersten Strömung sind besonders ausdrucksstark und die Farbbehandlung zeichnet sich durch eine grosse Leidenschaft aus. Die Welt wird in diesen Bildern als ein emotionsgeladener, bunter Ort verstanden und entsprechend werden die Farben, Motive und Techniken eingesetzt. Ein typischer Vertreter dieses Stils in der Leipziger Schule war Bernhard Heisig.
Demgegenüber steht die sachliche, nüchterne Strömung. Sie betrachtet weniger die Leidenschaften und Emotionen der Welt, als ihre formalen Besonderheiten und ihren Aufbau. Künstlern dieses Ansatzes geht es vor allem darum, die Welt zu analysieren, zu begreifen und in ihrer Kunst verständlich zu machen. Innerhalb dieser Strömungen sind jedoch grosse Unterschiede festzustellen. Während sich zum Beispiel Wolfgang Mattheurer mit seinem Schaffen der Neuen Sachlichkeit angenähert hat, sind die Werke von Künstlern wie Werner Tübkes eher mit der Renaissance und ihrem Streben nach Schönheit verwandt.
Bedeutende Maler der Szene
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Ganz unterschiedliche Kunstformen sind unter dem Dach der Leipziger Schule vereint.
Die Leipziger Schule hat im Laufe ihrer jahrzelangen Geschichte zahlreichen Kunstschaffenden eine Heimat geboten und sie in ihrer Arbeit unterstützt. Zu ihren Gründen zählen beispielsweise Bernhard Heisig, Gerhard Kurt Müller und Werner Tübke, die sich jedoch auf Vordenker wie Walter Arnold, Elisabeth Voigt und Max Schwimmer bezogen haben. Sie haben an der Leipziger Kunstakademie studiert und dort später als Professoren gearbeitet.
Die Leipziger Schule hat Generationen von Kunstschaffenden hervorgebracht, die zumeist einen beachtlichen künstlerischen Erfolg hatten. Zu den Schülern der Gründerväter zählen beispielsweise Sighard Gille und Arno Rink, die wiederum ihrerseits Schülern die Welt der Kunst eröffneten. Waren sie selbst bereits in den 1960ern in Leipzig aktiv, so sind ihre Schüler vor allem seit dem Aufkommen der Neuen Leipziger Schule 2004 bekannt und erfolgreich. Unter anderem haben Lutz Ketscher, Neo Rauch und Gerhard Richter in New York Erfolge gefeiert und gelten bis heute als beeindruckende Grössen ihres Metiers.
Lutz Ketscher
Lutz Ketscher ist eine Ikone in Sachen Surrealismus. Als Schüler von Bernhard Heisig und Wolfgang Mattheuer hat er die Philosophie und die Zielsetzung der Leipziger Schule ganz verinnerlicht. Er distanzierte sich immer stark vom staatlich gewünschten sozialistischen Realismus und fand seine Bestimmung genau auf der anderen Seite des Spektrums: im Surrealismus. Ketschers Arbeit zeichnet sich durch Detailtreue und eine ungemeine Präzision aus, was die Themen seiner Werke ebenso umfasst wie seinen Stil. Moderne Inspirationen und antike Themen verschmelzen in seiner Kunst auf eine einzigartige Weise, so wie auch Ketscher selbst für einen offenen Geist und ein nicht festgefahrenes Weltbild steht. Ketscher & Leipziger Schule gehören unbedingt zusammen, da der Künstler die Vielfalt und Ideenwelt dieser Strömung perfekt verkörpert.
Neo Rauch
Hat sich Lutz Ketscher bewusst vom sozialen Realismus distanziert, so interessierte sich Neo Rauch gerade für dieses Thema und die damit verbundenen Techniken. Er gilt bis heute als einer der prägendsten und bedeutendsten Vertreter der Neuen Leipziger Schule, dessen Arbeit oft als „postkommunistischer Surrealismus“ bezeichnet wird. Politische Themen wie der Warschauer Pakt interessierten ihn ebenso wie Figuren, die er in speziell für sie entworfene Landschaften platzierte. Die Gegenüberstellung unterschiedlicher, teils sich widersprechender Seinsweisen der Welt prägen seine Arbeit. Hierdurch und durch einen meisterhaften Stil wird seine Kunst zeitlos und bringt schon jetzt zahlreiche Erfolge mit sich. Seine Popularität erklärt sich gerade dadurch, dass er sich den gängigen Strömungen der letzten Jahre verwehrt und einen ganz eigenen Stil geprägt hat.
Gerhard Richter
Das grosse Thema, mit dem Gerhard Richters Karriere als Künstler begann, war die Freiheit. Diese brauchte er so sehr, dass er 1961 aus der ehemaligen DDR floh und ein Studium in Düsseldorf aufnahm. Von 1971-1993 lehrte er dort als Professor. In all den Jahrzehnten seines Schaffens hat sich Richter immer wieder neu erfunden. Er betonte stets, dass Kunst wahre Freiheit brauche. In einer Diktatur wie der DDR sei daher gar keine Kunst möglich. Seine Werke haben die Leipziger Schule stark geprägt und zeichnen sich durch eine beachtliche Vielfalt aus. Von einem RAF-Zyklus über Kirchenfenster bis hin zu abstrakten Strategien ist in seinem Oeuvre alles zu finden. Er hat ganze Künstlergenerationen durch seine Lehrtätigkeit und seine Werke beeinflusst und hierbei die Begeisterung für Freiheit niemals verloren.
Fazit
Die Leipziger Schule gehört zu den wichtigsten Kunstströmungen in Deutschland. Sie hat eine Vielzahl namhafter, erfolgreicher Künstler hervorgebracht und sich immer wieder neu erfunden. Sie zeichnet sich gerade durch eine Offenheit gegenüber Themen und Techniken aus, die Künstler in dieser Form sonst nicht geniessen. Entsprechend sind unter dem Namen der (Neuen) Leipziger Schule zahlreiche Stile und Techniken subsumiert und vielfältige Künstler konnten sich trotz ihrer unterschiedlichen Herangehensweisen gegenseitig inspirieren und voranbringen.
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