Sie senden eine Terminanfrage per Mail an einen Bekannten. Oder bitten per SMS um einen Gefallen. Und was passiert? Nichts. Es kommt keine Antwort. Nicht einmal ein kurzes «Ja», «Nein» oder «Ok». Und Sie fragen sich: Ist meine Botschaft überhaupt angekommen? Bin ich dem Angeschriebenen so unwichtig, dass ich nicht einmal eine kurze Antwort wert bin?
Fast jedem passiert dies im digitalen Zeitalter. Täglich. Und es betrifft sowohl ältere «Digital Immigrants», das heisst Menschen, die den Umgang mit elektronischer Kommunikation im Lauf des Lebens erlernen mussten, als auch die «Digital Natives», das heisst junge Menschen, die eine Welt ohne Handy und E-Mail gar nicht kennen.
Das Gedächtnis wird ausgelagert
Über die Gründe für diese Unsitte lässt sich spekulieren: Liegt es daran, dass viele User mit Unmengen von digitalen Botschaften eingedeckt werden und schlicht keine Zeit finden für eine Antwort? Hat diese Verluderung der Sitten damit zu tun, dass der moderne Mensch alle Daten auf digitale Speicher auslagert (wer kennt beispielsweise noch Telefonnummern auswendig) und so sein eigenes Gedächtnis verkümmern lässt?
Wieder einmal zur Füllfeder greifen!
Vielleicht liegt es ja auch daran, dass digitale Nachrichten schnell erstellt und deshalb nicht so wertvoll sind wie analoge. Das dachte ich mir jedenfalls, als ich vor kurzem mein Büro reorganisierte. Da fand ich hunderte uralte, seitenlange Briefe, liebevoll mit farbiger Tinte auf dazu assortiertem buntem Papier geschrieben. Durchdachte Texte voller Zärtlichkeit. Dokumente, die dem Empfänger die Wertschätzung des Absenders beweisen. Solche Briefe konnte ich einfach nicht unbeantwortet lassen. Und wenn ich nicht am gleichen Tag antworten konnte, lautete der erste Satz «Bitte verzeih mir, dass ich nicht sofort auf dein zauberhaftes Schreiben reagiert habe, obwohl es die Schmetterlinge in meinem Bauch tanzen liess …». Ich denke es ist Zeit, wieder vermehrt zur Füllfeder zu greifen.
Beat A. Stephan
Und wie geht es Ihnen? Beobachten Sie auch das Phänomen, dass Menschen nicht mehr auf persönliche SMS und Mails reagieren? Wo sehen Sie die Ursache dafür? Ihre Meinung interessiert. Schreiben Sie uns!
Digitale Demenz
Sie schreiben mir aus der Seele - «Verluderung», dieser Ausdruck gefällt mir gut in diesem Zusammenhang!
Und wirklich erdrückend ist die Mailflut, die mich überrollt. Den Überblick zu behalten finde ich gerade im Alltag mit zwei kleinen Knirpsen schwierig. Habe ich jetzt schon geantwortet oder nicht? Und schon werde ich wieder gestört und fange drei Stunden später wieder von Neuem an ... Kennen Sie das auch?
Bei den SMS kenne ich das weniger, die sind direkt und vom Ton her natürlich auch viel herzlicher.
Liebe Grüsse Susi