Ausgrenzung ist in Zeiten des Kampfs um jede freie Stelle an der Tagesordnung. Doch man kann sich wehren.

Wehren Sie sich gegen Mobbing!

Wenn Stellen gestrichen werden und der Rotstift regiert, wird am Arbeitsplatz die Jagd auf Sündenböcke eröffnet. Tipps, wie man Mobbing verhindern kann.


Der Tag fing ja blendend an. Die Daten auf Heidi Zürrers Computer waren verschwunden, Huber hatte ihr die Türe vor der Nase zugeknallt, Müller behandelte sie wie Luft. Und was hatte dieser Reissnagel auf ihrem Stuhl verloren?

Wieder sollte Heidi Zürrer nur Protokolle abtippen. Dabei arbeitete sie einst als Chefsekretärin. Sie fühlte sich einsam, ausgebrannt, unendlich müde. Rasende Kopf- und Rückenschmerzen plagten sie. Etwas musste passieren, aber was?

Mit ihrem neuen, forschen Vorgesetzten konnte sie nicht reden. «Sie sind hysterisch», war sein Kommentar, als sie sich unlängst bei ihm beschwert hatte. Vermutlich wollte auch er sie loswerden, denn er hatte von Anfang an alles bemäkelt, was sie früher geleistet hatte.

Sie müsste die Stelle wechseln. Doch wer will schon eine 48-Jährige?

Zwar heisst Heidi Zürrer nicht wirklich so, ihr Schicksal ist aber authentisch. Arbeitsalltag irgendwo in der Schweiz, am Anfang des dritten Jahrtausends.

In der Klemme

In Zeiten von Kostensenkung, Leistungsdruck und Massenentlassungen regiert die Angst. «Wer früher gemobbt wurde, drohte mit der Kündigung. Heute jedoch lassen viele den Terror über sich ergehen», sagt Peter Vonlanthen. Der Mobbing-Experte stellt eine deutliche Zunahme der Mobbingfälle fest.

Das Arbeitsrecht verpflichtet die Arbeitgebenden, die Persönlichkeit der Angestellten zu schützen und ihnen gegenüber eine Fürsorgepflicht wahrzunehmen. Doch das bleibt oftmals graue Theorie. Denn viele Mobbinghandlungen sind nur schwer zu beweisen, selbst wenn sie Straftatbestände wie Persönlichkeitsverletzung, Verleumdung oder Körperverletzung erfüllen.

Dagegen hilft nur eines: Wehren Sie sich. Sammeln Sie Beweise oder sorgen Sie dafür, dass es gar nicht erst zu Mobbinghandlungen kommt.

Beat A. Stephan

 

Was ist Mobbing?

Der Begriff steht für Psychoterror am Arbeitsplatz. Er wurde vom deutschen Arbeitspsychologen Heinz Leymann geprägt. Mobbing dauert, gemäss Leymann, über eine längere Zeitspanne an und geschieht hauptsächlich unter Kollegen auf derselben Ebene oder durch Vorgesetzte. Man spricht dann von Bossing. Mobbing kann jede und jeden treffen.

So wird man gemobbt

  • Jemanden von Sitzungen, Arbeitsessen oder gemeinsamen Treffen ausschliessen.
  • Jemanden in ein einsames Büro abschieben und isolieren.
  • Jemanden lächerlich machen.
  • Über jemanden Gerüchte in Umlauf setzen.
  • Jemandem viel Arbeit aufbürden, welche die Person nicht bewältigen kann, oder nur sinnlose, unterfordernde Arbeit zuteilen.
  • Jemanden wie Luft behandeln oder nie zu Wort kommen lassen.
  • Mit jemandem nicht mehr reden.
  • Jemanden ständig kritisieren.
  • Jemanden verbal oder körperlich angreifen.

Zusammengestellt von Beat A. Stephan
 

Was tun gegen Mobbing? Fachleute geben Tipps

  1. Wehren Sie sich sofort. Sachkonflikte sollte man ansprechen und klären, statt sie zu ignorieren. Sonst werden aus Alltagsproblemen Schwelbrände.
  2. Holen Sie Hilfe. Ist ein Gespräch nicht mehr möglich, so müssen Sie unbedingt professionelle Hilfe beiziehen – im Betrieb oder auch extern.
  3. Schaffen Sie sich eine Lobby. Wer Mobbingversuche bemerkt, sollte andere ins Vertrauen ziehen und sich Verbündete schaffen – nicht nur in der Familie, sondern auch im Geschäft.
  4. Lassen Sie Unrecht nicht zu. Oft schauen die Kollegen weg, wenn jemand fertiggemacht wird. Mit ihrem Egoismus machen sie sich zu Mittätern. Mobbing muss geächtet werden.
  5. Reden Sie über die Arbeit. Vorträge, Workshops und Gruppengespräche über Organisation, Arbeitsklima und Konflikte sensibilisieren und helfen Mobbing verhindern. Über Mobbing reden und sich aussprechen ist bereits Prävention.
  6. Helfen Sie neuen Kollegen. Hilfreich ist ein Patensystem. Neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollten nicht nur kurz vorgestellt werden, sondern einen Götti oder eine Gotte als Anlaufstelle erhalten.
  7. Kämpfen Sie für Mitbestimmung. Je weniger Mitbestimmung in einer Firma herrscht, desto grösser ist die Mobbinggefahr.

Diese Fachleute gaben die Ratschläge: Martina Ulmann, Personalberaterin, Max Ritschard, Personalberater, Peter Vonlanthen, Präsident der Gesellschaft gegen psychosozialen Stress und Mobbing (GpSM).

 

Lesen Sie auch die Fortsetzung: «Mobbing macht krank» mit einem Fragebogen zum Mobbing «Werden Sie in Ihrem Betrieb gemobbt?»

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