In der Gynäkologie-Sprechstunde bei sante24 hat sich Emma Bührle (31) für einen Rückruf durch die Ärztin angemeldet. Als Thema hatte sie Fragen zur Schwangerschaftsvorbereitung genannt. «Ich möchte schwanger werden und von Anfang an alles richtig machen,
um eine möglichst gute Schwangerschaft zu haben und vermeidbare Risiken für mein Kind zu verhindern. Ich habe gelesen, dass man zusätzlich Folsäure in der Schwangerschaft nehmen soll, reicht denn nicht eine gesunde Ernährung? Ich rauche und trinke nicht und bin eine gesunde, sportliche junge Frau.» Die sante24-Gynäkologin ist froh, dass Emma Bührle schon vor der Schwangerschaft anruft und kann ihr gute Tipps und Informationen rund um Folsäure und die geplante Schwangerschaft geben.
Was ist überhaupt Folsäure?
Folat ist ein wasserlösliches Vitamin aus der B-Gruppe, das 1941 entdeckt wurde. Wird es künstlich hergestellt, nennt man es Folsäure. Als sogenanntes essentielles Vitamin kann der Körper es nicht selber herstellen, sondern ist auf die Zufuhr über die Nahrung angewiesen. Der Bedarf ist in der Schwangerschaft deutlich erhöht. Er liegt bei fast 600 Mikrogramm täglich (sonst für Erwachsene 300 Mikrogramm). Im Schnitt werden bei uns nur höchstens 200 Mikrogramm mit Lebensmitteln zugeführt. Daher wird Schwangeren geraten, ihren Folsäurespiegel zusätzlich mit 400 Mikrogramm täglich über Folsäure-Tabletten zu erhöhen.
Warum ist es für das ungeborene Kind so wichtig?
Folat oder Folsäure ist vor allem in den ersten Wochen der Schwangerschaft ganz wichtig, wenn die frühe Nervenentwicklung stattfindet und sich der Kanal um das empfindliche Rückenmark schliessen muss. Aus Studien ist bekannt, dass das Risiko eines Entwicklungsfehlers in dieser heiklen Phase mit dem Resultat eines sogenannten «offenen Rückens» oder in Fachsprache Spina bifida oder Meningomyelozele durch einen hohen Folsäurespiegel um 70-100 Prozent reduziert werden kann. Kinder, die mit einem «offenen Rücken» geboren werden, müssen nach der Geburt sofort operiert werden und haben auch bei erfolgreicher Operation meist lebenslang Probleme mit dem Laufen und der Blasenkontrolle. Entdeckt man den «offenen Rücken» während der Schwangerschaft im Ultraschall, kann man in Ausnahmefällen in hochspezialisierten Zentren wie dem Kinderspital Zürich versuchen, den Defekt während der Schwangerschaft operativ zu decken und damit die meisten Folgen zu verhindern. Immer noch werden pro Jahr in der Schweiz 60 Schwangerschaften sonst wahrscheinlich gesunder Kinder wegen «offenem Rücken» vorzeitig beendet.
Gibt es Folsäuremangel nicht nur in Entwicklungsländern?
Nein, definitiv nicht! Von einem Folsäuremangel sind 0,1-4 Prozent der Schwangeren betroffen, obwohl in der Schweiz seit Januar 2000 eine nationale Präventions- und Informationskampagne zur Folsäuresubstitution stattfindet. In der Schweiz sind knapp 1 Promille aller Feten von einem Neuralrohrdefekt betroffen, d.h. es werden pro Jahr 20 Kinder mit «offenem Rücken» geboren.
Wie und wann sollte man Folsäure-Tabletten zu sich nehmen?
Folsäure-Tabletten sollten wenn möglich schon vor einer geplanten Schwangerschaft eingenommen werden, also sobald man Verhütungsmethoden absetzt. Hat man mit der Pille verhütet, ist meist der Folsäurespiegel sowieso schon erniedrigt. Das Neuralrohr des Kindes schliesst sich bereits um den 28. Schwangerschaftstag, also in der Regel bevor die Mutter die Schwangerschaft überhaupt bemerkt. Deshalb ist es am besten, wenn die Vitamineinnahme schon prophylaktisch erfolgt, also möglichst mindestens vier bis 12 Wochen vor der Konzeption. Ob man die Folsäuresubstitution dann im dritten Schwangerschaftsmonat wieder absetzt oder nicht, bespricht man am besten mit der betreuenden Gynäkologin. Folathaltige Nahrungsmittel zu sich zu nehmen, wird zusätzlich empfohlen.
In welchen Nahrungsmitteln ist Folsäure enthalten?
Vor allem in Gemüse und Obst, Vollkorn- und Milchprodukten, Hülsenfrüchten und in Lachs. Aber: Folat ist sehr empfindlich gegenüber Licht und Hitze und zudem wasserlöslich. Bei der Zubereitung können daher 50 bis 70 Prozent Folat verloren gehen. Deshalb gilt: Gemüse und Obst auch mal als Rohkost essen. Für warme Gerichte Gemüse möglichst wenig zerkleinern und am besten nur kurz garen. Und aufgepasst: Eines der folatreichsten Lebensmittel ist Leber. Schwangere sollten sie jedoch möglichst nicht essen, weil sie reichlich Vitamin A enthält – ein Zuviel davon schadet dem Ungeborenen. Ein knuspriger wie gesunder Zusatz über Salate, Müesli oder auf Kuchenböden sind Weizenkeime, die die Tabelle der folathaltigen Nahrungsmittel anführen.
Nach dem Telefonat mit der sante24-Gynäkologin kann Emma Bührle noch einen kurzen Beratungs-termin mit der Ernährungsberaterin vereinbaren, da sie zusätzlich den Verdacht auf eine Milchzuckerunverträglichkeit hat. Bezüglich Folsäure ist Emma Bührle nach dem Gespräch überzeugt und geht am nächsten Tag in die nahe Apotheke, um sofort mit den Folsäuretabletten beginnen zu können. Bei ihrem sonst gesunden Lebenstil sollte einer baldigen und gesunden Schwangerschaft nichts mehr im Weg stehen.
Die SWICA Gesundheitsorganisation ist Partner der Stiftung Folsäure Schweiz: https://www.stiftung-folsäure.ch/
Dr. med. Silke Schmitt Oggier ist die Medizinische Leiterin von sante24. Die telefonische Gesundheitsberatung sante24 ist eine zentrale Dienstleistung von SWICA, die den SWICA-Versicherten bei allen Fragen rund um die Gesundheit unter der Nummer 044 404 86 86 kostenlos zur Verfügung steht. Die Fachkräfte von sante24 vereinbaren bei Bedarf einen Arzttermin und schaffen so die Grundlage für eine koordinierte und zielgerichtete Behandlung – von der ersten Beratung bis zum Therapieabschluss.
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