Dr. Silke Schmitt Oggier - Med. Leiterin von sante24
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5 Fragen an Dr. Silke Schmitt Oggier - Hat mein Sohn eine Milchallergie oder eine Laktoseintoleranz?

«Unser 2-jähriger Sohn Joshua mag plötzlich Milch und Joghurt nicht mehr so gerne, er kann aber nicht genau sagen, wieso. Neulich haben wir ihm Schafsmilchjoghurt gegeben, weil wir dachten, er hat vielleicht eine Kuhmilchallergie, das war aber auch nicht besser. Beim Googeln haben wir Laktoseintoleranz gefunden; leidet er vielleicht darunter?» möchte Alex Schmidinger am santé24-Telefon wissen. Die Gesundheitsberaterin erfragt noch etwas genauer die Symptome und gibt Alex Schmidinger zur Beratung ins Ärzte-Team weiter. 


Was ist eine Milchallergie?

In jeder Milch sind verschiedene Eiweisse enthalten, auf die man allergisch reagieren kann. Manche davon kommen nur in Kuhmilch vor, andere in allen Tiermilchen. Daneben gibt es hitzelabile Eiweisse, die bei hohem Erhitzen zerfallen und deshalb in erhitzten Produkten besser toleriert werden. Oft reagiert man allerdings nicht nur auf eines der Eiweisse allergisch. Da Spuren von Milch auch in vielen verarbeiteten Speisen wie Keksen, Glacé, Salatsaucen, Wurstwaren usw. enthalten sind, lohnt es sich, anhand eines Symptomtagebuchs herauszufinden, nach dem Konsum welcher Lebensmittel Symptome auftreten. Milchallergie ist vor allem sehr häufig im Kleinkindalter, kann aber auch bei Erwachsenen vorkommen. Typisch für eine Allergie ist, dass bei jedem Kontakt Symptome auftreten und diese im schlimmsten Fall auch zu einem Kreislaufschock führen können.

Was genau ist Laktoseintoleranz?

Bei einer Laktoseintoleranz kann der in allen Säugetiermilchen vorkommende Milchzucker (Laktose) im Dünndarm nicht genügend oder gar nicht abgebaut werden. Für diesen Abbauprozess ist das Enzym Laktase zuständig. Wenn durch Vererbung oder, ausgelöst durch eine andere Krankheit, ein Laktasemangel besteht oder entsteht, wird die Laktose unverdaut in den Dickdarm weitertransportiert und dort von den Darmbakterien vergoren. Die dabei gebildeten Gas- und Wasseransammlungen führen dann zu Symptomen. Das Ausmass der Beschwerden kann unterschiedlich sein je nach aufgenommener Laktosemenge und individuellem Laktasemangel. Lebensbedrohliche Situationen gibt es bei der Laktoseintoleranz nicht, auch Darmschädigungen sind nicht zu erwarten.

Unterscheiden sich die Symptome?

Bei der Milchallergie zeigen sich, wie bei anderen Nahrungsmittelallergien auch, die typischen Symptome innert Minuten bis zu einer Stunde nach dem Verzehr. Dies meist in Form von Juckreiz im Bereich der Mundschleimhaut und Rötungen, Quaddeln oder Schwellungen an der Haut, ebenfalls mit Juckreiz. Beschwerden, die lediglich den Verdauungstrakt betreffen, sind selten, können aber zusammen mit den oben genannten Haut- und Schleimhautsymptomen auftreten. Ähnlich wie bei anderen Nahrungsmittelallergien sind auch begleitende Beschwerden der Atemwege möglich.

Bei der Laktoseintoleranz zeigen sich die Beschwerden im Verdauungstrakt und treten in der Regel zwischen 30 Minuten und 2 Stunden nach dem Verzehr laktosehaltiger Lebensmittel auf. Typische Symptome sind Blähungen, Bauchkrämpfe, Durchfall, Übelkeit, Winde oder Verstopfung. Hautausschläge, Juckreiz, Atem- oder Kreislaufprobleme sind nicht typisch für eine Laktoseintoleranz.

Wie kann man herausfinden, ob man eine Milchallergie oder eine Laktoseintoleranz hat?

Die Erkrankungen unterscheiden sich in der Regel durch ihre Symptome, können sich aber auch überlappen. Deshalb ist das Führen eines Symptomtagebuchs ein wichtiger Schritt, um mehr Klarheit zu bekommen. Mithilfe von Haut- und Bluttests beim Kinderarzt oder bei der Allergologin kann dann die Diagnose einer Milchallergie bestätigt oder ausgeschlossen werden. Bei Verdacht auf eine Laktoseintoleranz braucht es für die Diagnose einen Gentest und einen speziellen Atemtest. 

Muss man lebenslang auf Milch und Milchprodukte verzichten?

Nach der Diagnosestellung muss man bei der Milchallergie in der Regel die auslösenden Lebensmittel wirklich konsequent meiden, um keine stärker werdenden Reaktionen zu provozieren. Dabei muss natürlich auch auf die versteckten Quellen in Back- und Wurstwaren, Gewürzmischungen sowie Halbfertig- und Fertigprodukten geachtet werden. Man weiss allerdings, dass sich eine Milchallergie «auswachsen» kann, weshalb sich eine jährliche Überprüfung beim Allergologen lohnt. Bei einer Laktoseintoleranz ist es meist nicht notwendig, sich komplett laktosefrei zu ernähren, sondern laktosereduziert. Nach einer kurzen laktosefreien Ernährungszeit kann man die individuelle Verträglichkeit ermitteln, indem man die Zufuhr der Menge an laktosehaltigen Lebensmitteln schrittweise steigert. Die Zahl käuflicher laktosefreier Lebensmittel nimmt ausserdem ständig zu. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, Laktase in Medikamentenform kurz vor einem laktosehaltigen Essen, z.B. bei einer Einladung, einzunehmen. Sowohl bei einer Milchallergie, wie auch bei Laktoseintoleranz ist es sinnvoll, sich anfangs von einer spezialisierten Ernährungsfachperson begleiten zu lassen. 

Alex Schmidinger fühlt sich nun deutlich besser informiert als durch «Dr. Google». Die Symptome, die die Eltern bei Joshua beobachtet haben, passen eher zu einer Milchallergie als zu einer Laktoseintoleranz. Zur genaueren Abklärung werden die Eltern einen Termin beim Kinderarzt vereinbaren und bis dahin schon mal ein Symptomtagebuch führen. Jetzt wissen sie auch, auf welche Symptome sie achten müssen bzw. welche Symptome ausserhalb des Verdauungstrakts zur Milchallergie dazugehören könnten. 

 

Dr. med. Silke Schmitt Oggier ist die Chefärztin von santé24 und selber Fachärztin für Kinder und Jugendliche. Die telemedizinische Beratung ist eine zentrale Dienstleistung von santé24, die den SWICA-Versicherten bei allen Fragen rund um die Gesundheit unter der Nummer 044 404 86 86 kostenlos zur Verfügung steht. Eine Praxisbewilligung für Telemedizin ermöglicht es den Ärzten von santé24 zudem, bei telemedizinisch geeigneten Krankheitsbildern weiterführende ärztliche Leistungen zu erbringen. Mit der medizinischen App BENECURA können SWICA-Versicherte ausserdem bei Krankheitssymptomen einen digitalen SymptomCheck machen und erhalten Empfehlungen fürs weitere Vorgehen. Bei einem anschliessenden Telefonat mit santé24 entscheidet der Kunde im Einzelfall selber, ob er die im SymptomCheck gemachten Angaben santé24 freigeben möchte.

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