Dr. Silke Schmitt Oggier - Med.Leiterin von sante24
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5 Fragen an Dr. Silke Schmitt Oggier - Ich bin schwanger – soll ich meine Asthma-Medikamente jetzt sofort absetzen?

Ulrike Wisser (32) meldet sich freudig am santé24-Telefon: Ich weiss seit kurzem, dass ich schwanger bin. Ich bin ganz aufgeregt und versuche, mich bestens vorzubereiten und alles richtig zu machen. Mein Freund und ich freuen uns riesig, Eltern zu werden. Jetzt habe ich eine Frage: Ich leide schon seit meiner Kindheit unter Asthma und habe eine Inhalationstherapie, mit der es mir eigentlich sehr gut geht. Nur wenn ich stark erkältet bin im Winter, wird es manchmal schlimmer, so dass ich die Medikamentendosis erhöhen muss. Wahrscheinlich hängt das auch noch mit meiner Hausstaubmilbenallergie zusammen, die im Winter, wenn ich viel drinnen bin, mehr zum Tragen kommt. Im Sommer bin ich ein richtiger Outdoor-Typ. Die Asthma-Medikamente beinhalten aber auch Kortison, und das ist doch bestimmt schädlich für mein Baby? Ich will das sofort absetzen, das ist sicher richtig, oder?


Wie hängen Asthma und Schwangerschaft zusammen?

Asthma betrifft ca. 5-8 Prozent der schwangeren Frauen und scheint eher zuzunehmen. Es kann schon vor einer erwünschten Schwangerschaft die natürliche Empfänglichkeit beeinflussen. In der Schwangerschaft ist das Risiko einer Asthmaverschlechterung und einer Spitaleinweisung wegen Asthma vor allem ab dem vierten Monat erhöht. Hormonell bedingt kommt es während einer Schwangerschaft zu einer leichten Schwellung der Atemwege (Ödem) und des Kehlkopfs, so dass sogar bis zu 20 Prozent der gesunden Schwangeren über Symptome wie Schnupfen und Nasennebenhöhlenprobleme berichten. Zum anderen ändert sich die Immunitätslage der Schwangeren, damit das Baby im Bauch nicht vom mütterlichen Immunsystem abgestossen wird. Dies kann allerdings zu einer Verschlechterung des Asthmas führen, indem Infekte sich stärker auswirken. Während es bei einem Drittel aller Schwangerschaften zu einer leichten Verbesserung der Asthma-Symptomatik kommt, bleibt das Asthma bei einem weiteren Drittel unverändert und verschlechtert sich beim letzten Drittel die Situation.  

Sind die Asthma-Medikamente schädlich für das Ungeborene im Bauch der Mutter?

Die Inhalations-Medikamente, inklusive Kortison, sind allesamt viel weniger gefährlich für das ungeborene Baby als ein schlecht kontrolliertes Asthma oder sogar ein Asthma-Anfall.  Leider sieht man bei Untersuchungen, dass ca. 40 Prozent der Asthmapatientinnen ihre vorher festgesetzte Asthmatherapie während der Schwangerschaft absetzen oder nur sehr unregelmässig einnehmen, weil sie wahrscheinlich nicht gut aufgeklärt wurden und Angst vor einer potenziellen Schädigung ihres Babys haben. Die in der Schwangerschaft und Stillzeit empfohlenen inhalativen Medikamente gelten jedoch als unbedenklich für das Ungeborene.

Was kann passieren, wenn ich die Medikamente absetze, insbesondere das Kortison?

Wenn sie die Medikamente absetzen würden, würde sich ihre Asthmaeinstellung höchstwahrscheinlich verschlechtern, evtl. sogar noch mehr, als wenn sie dies in nicht-schwangerem Zustand gemacht hätten. Eine schlechte Asthma-Einstellung birgt Risiken sowohl für das Ungeborene als auch für die Schwangere. Beim Baby ist das Risiko für ungenügendes Wachstum und Gewicht, Frühgeburtlichkeit und Spitalaufenthalt gleich nach der Geburt erhöht. Bei Müttern mit schlecht kontrolliertem Asthma kommt es häufiger zu Schwangerschaftsvergiftung, Plazentaabriss, Schwangerschaftsdiabetes, Kaiserschnitt und Lungenembolie. Dagegen zeigen Schwangere mit normaler Lungenfunktion unter Asthmatherapie auch eine für den jeweiligen Schwangerschaftsmonat normale Leistungsfähigkeit. 

Ich wollte gerade eine Desensibilisierung gegen Hausstaubmilben beginnen. Darf ich das?

Nein, es ist davon abzuraten, eine Desensibilisierung in der Schwangerschaft zu starten. Dann sollte man den Start lieber auf nach der Schwangerschaft verschieben. Wer mitten in einer Desensibilisierungs-Phase schwanger wird und die Desensibilisierungen bis dahin ohne Probleme vertragen hat, kann die Weiterführung mit dem betreuenden Arzt besprechen. Wichtig für die Asthmakontrolle und die Gesundheit des Ungeborenen ist allerdings, einen anderen Innenraum-Trigger möglichst zu vermeiden: Nikotin!

Wie sind denn die Empfehlungen für Asthma-Patientinnen in Schwangerschaft und Stillzeit?

Innerhalb der beiden Medikamentengruppen, die normalerweise inhalativ bei Asthma benutzt werden, nämlich Bronchodilatatoren und Kortison, gibt es Empfehlungen der Schweizerischen Fachgesellschaft für alle Fragen und Empfehlungen der Arzneimitteltherapie in Schwangerschaft und Stillzeit SAPP. Sie empfehlen, vor allem Budenosid und Formoterol (kombiniert in Symbicort® vorhanden) zu benutzen, weil man damit die umfangreichsten und besten Erfahrungen hat. Zusätzlich hilft ein Asthma-Tagebuch oder der Asthma-Control-Test (ACT), bei dem man täglich wenige Fragen zum Gesundheitszustand beantwortet, zusammen mit wenigen Messungen z.B. des nächtlichen Hustens oder der schnellen Ausatemkapazität (PEF-Messung), um eine möglichst niedrige Erhaltungs-Dosis der Medikamente zu finden und eine mögliche Verschlechterung des Asthmas sehr frühzeitig zu erkennen. Die Aufklärung und das Führen der Patientinnen durch den behandelnden Haus- oder Lungenfacharzt und die involvierte Frauenärztin sind das A und O der Asthmatherapie in der Schwangerschaft, damit es Mutter und Kind möglichst gut geht.


Frau Wisser ist überrascht über die Informationen, die ihr aber prinzipiell einleuchten. Sie nimmt sich vor, so schnell wie möglich einen Termin mit ihrem betreuenden Lungenfacharzt zu vereinbaren, um zu besprechen, welches das beste Medikations- und Test-Regime für sie jetzt während ihrer Schwangerschaft ist. Auf der Homepage der SAPP erfährt Frau Wisser ausserdem, dass santé24 als Mitglied Schwangere und Stillende genau nach deren Richtlinien berät ( Patientinnen - SAPPINFO). Da sie santé24 an 365 Tagen rund um die Uhr erreichen kann, gibt ihr das ein sehr beruhigendes Gefühl – auch im Hinblick auf alle anderen Krankheitssituationen oder Fragen, die nichts mit ihrem Asthma zu tun haben. 

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