Dr. Silke Schmitt Oggier - Med.Leiterin sante24

5 Fragen an Dr. Silke Schmitt Oggier - Meine Tochter hat Fieber, wo ist die nächste Notfallstation?

Leo Nunes hütet zwei Tage alleine seine zweieinhalbjährige Tochter. Seine Frau gönnt sich an Neujahr das erste Mal seit der Geburt einen Wellness-Aufenthalt mit Übernachtung in den Bergen mit Freundinnen, auf das sie sich sehr gefreut hat. Bis am frühen Abend geht alles bestens, doch dann hat Leo Nunes das Gefühl, seine Tochter habe ein etwas rotes Gesicht, glasige Augen und fühle sich wärmer an als sonst. Besorgt ruft er santé24 an. «Ich möchte wissen, wo die nächste Kindernotfallstation ist, meine Tochter hat Fieber», erklärt der Vater der Gesundheitsberaterin am santé24-Telefon. Auf die Frage, wie hoch denn das Fieber sei, sagt er, er habe noch nicht Fieber gemessen, die Temperatur sei aber sicher hoch.


Wieso sollte man Fieber messen?

Erhöhte Temperatur und Fieber sind Zeichen einer Infektion. Von Fieber spricht man bei Kindern in den ersten drei Monaten ab einer Temperatur von über 38 Grad, was in diesem Alter einen Besuch beim Kinderarzt oder auf einer Notfallstation unabdingbar macht, da man bei Säuglingen den Grund für das Fieber schnell suchen muss. Bei Kindern über drei Monate spricht man erst ab 38,5 Grad von Fieber. Zwischen 37,5 und 38,5 Grad hat man erhöhte Temperatur. Erhöhte Temperatur kommt bei vielen, eher harmloseren Infektionen vor, kann aber auch der Beginn einer schwereren Infektion sein. Eine Körpertemperatur von über 38,5 Grad spricht eher für eine stärkere virale oder auch bakterielle Infektion. Bei Säuglingen ist es am besten, das Fieber im After zu messen; bei grösseren Kinder kann man die Messung auch mit den moderneren Ohr- oder Stirnthermometern vornehmen. Vorhandenes Fieber ist also ein Hinweis, dass der Körper sich mit einer Infektion auseinandersetzt. Für das weitere Vorgehen mindestens genauso wichtig ist jedoch der Allgemeinzustand des Kindes.

Was macht das Fieber mit dem Kind?

Fieber ist eine natürliche Krankheitsreaktion des Körpers auf unterschiedliche Krankheitserreger. Besonders häufig sind in den Herbst- und Wintermonaten virale Atemwegsinfekte oder die echte Grippe und ganzjährig ansteckende Magen-/Darminfektionen. Allerdings können auch Bakterien im Spiel sein, für die es manchmal zusätzlich zur Symptomlinderung Antibiotika braucht. Aufpassen muss man, dass die kleinen Patienten genug Flüssigkeit zu sich nehmen und nicht allzu sehr schwitzen. Essen ist nicht so wichtig, denn auch Kinder haben für kurze Zeit genügend Reserven. Manche Kinder sind allerdings bei Fieber, vor allem, wenn es dann um die 39 Grad oder mehr wird, sehr schlapp. Sie wollen dann weder spielen noch trinken und können vor Erschöpfung und Hitze nicht gut schlafen. Schlaf, Erholung und Ruhe sind aber neben genügend Flüssigkeit wichtig, um gesund zu werden.

Muss man bei Fieber fiebersenkende Medikamente geben?

Solange das Kind noch etwas spielt bzw. sich mit Lieblingsspielsachen, -geschichten oder -filmen ablenken lässt, genug trinkt und gut schlafen kann, ist es nicht notwendig, fiebersenkende Medikamente zu geben. Ist ein Kind jedoch sehr schlapp, quengelig und erschöpft, können fiebersenkende Massnahmen dem Kind helfen, sich besser zu erholen. Bei gewichtsangepasster Dosierung von Medikamenten mit dem Inhaltsstoff Paracetamol oder Ibuprofen als Saft oder Zäpfchen sollte das Fieber nach einer Stunde um ca. 1 Grad gesunken sein und vor allem sollte der Allgemeinzustand des Kindes sich vorübergehend bessern. Nach einiger Zeit nimmt die Wirkung der Medikamente ab und das Fieber steigt in der Regel wieder an. Deshalb kann es sinnvoll sein, die Medikamente in regelmässigem Abstand von einigen Stunden, wie in der Packungsbeilage beschrieben, zu verabreichen. Bei hohem Fieber können eventuell nach Absprache mit dem Kinderarzt oder einer Beratungshotline wie santé24 auch Paracetamol und Ibuprofen kombiniert werden, wenn es keine Alarmzeichen gibt. 

Was sind die Gründe für Fieber bei einem kleinen Kind?

Kleine Kinder sind oft krank. Ihr Abwehrsystem muss sich mit vielen Krankheitserregern auseinandersetzen, um widerstandsfähig zu werden. Meist handelt es sich um relativ harmlose Virusinfektionen, die zwar auch mit Fieber und anderen Symptomen wie Husten und Schnupfen oder Durchfall und Erbrechen und zum Teil auch mit einem begleitenden Hautausschlag einhergehen, aber nach wenige Tagen wieder komplett verschwinden. Bei der momentan grassierenden echten Grippe (Influenza) sind die Symptome und das allgemeine Krankheitsgefühl ausgeprägter und auch etwas länger andauernd. Bei all diesen Infektionen genügt es, die jeweiligen Symptome zu lindern und dem Kind Zeit und Ruhe für die Erholung zu geben.

Welche Art von Fieber kann gefährlich werden?

Wenn das Fieber sehr schnell sehr hoch ansteigt, das Kind sich komplett anders verhält als üblich, Atemprobleme dazukommen oder der Ursprung des Fiebers völlig unklar ist, also weder Erkältungszeichen noch Magen-/Darmsymptome vorliegen, sollte man unbedingt einen Kinderarzt aufsuchen. Dies gilt auch, wenn sich das Fieber mit fiebersenkenden Massnahmen in korrekter Dosierung nicht vorübergehend um ein Grad senken lässt oder über mehr als zwei bis drei Tage ohne Besserung anhält. In diesen Fällen muss man ausschliessen, dass das Fieber von einer bakteriellen Infektion kommt, die unter Umständen anders behandelt werden muss. Vor allem die Lunge, die Harnblase, die Ohren und die Rachenmandeln sind gefürchtete Orte für solche bakteriellen Infektionen – und nicht zu vergessen, die besonders gefährliche Hirnhautentzündung, die man antibiotisch behandeln muss. Auch bei Ohren- oder Mandelentzündungen kann eine Antibiotika-Therapie notwendig sein. Man versucht aber in den letzten Jahren vermehrt, nicht vorschnell zu Antibiotika zu greifen.

Inzwischen hat Leo Nunes unter der Anleitung der santé24-Gesundheitsberaterin bei seiner Tochter die Temperatur gemessen: 38,3 Grad zeigt das Fieber-Thermometer. Die Kleine spielt etwas weniger als sonst, legt sich eher einmal hin und will mit dem Papa kuscheln, trinkt aber immer wieder am Tee, den der Vater ihr gemacht hat und zupft sich oft am linken Ohr, das man nicht anfassen darf. Seit ein paar Tagen hat sie wenig Schnupfen. Vor ein paar Monaten hatte sie schon einmal eine Ohrenentzündung, die vom Kinderarzt ohne Antibiotika behandelt werden konnte. Die damaligen Medikamente gegen die Entzündung und die Schmerzen findet Leo Nunes säuberlich angeschrieben in der Hausapotheke. Die santé24-Gesundheitsberaterin rechnet die Medikamentenabgabe genau auf das momentane Gewicht des Mädchens um und erklärt Leo Nunes, wie er sie in den nächsten Stunden geben soll und dass er sofort wieder anrufen soll, falls sich der Zustand seiner Tochter verschlechtern sollte. So kann sie Vater und Tochter mit gutem Gewissen in die Nacht «entlassen». Beim Rückruf am nächsten Morgen ist alles gut gegangen. Beide hatten eine relativ ruhige Nacht mit wenigem Aufwachen und Trinken. Der Tochter geht es am Morgen besser. Leo Nunes wird deshalb den am Vortag zur Sicherheit vereinbarten Termin beim Kinderarzt wieder absagen.

 

Dr. med. Silke Schmitt Oggier ist die Chefärztin von santé24 und selber Fachärztin für Kinder und Jugendliche. Die telemedizinische Beratung ist eine zentrale Dienstleistung von santé24, die den SWICA-Versicherten bei allen Fragen rund um die Gesundheit unter der Nummer 044 404 86 86 kostenlos zur Verfügung steht. Eine Praxisbewilligung für Telemedizin ermöglicht es den Ärzten von santé24 zudem, bei telemedizinisch geeigneten Krankheitsbildern weiterführende ärztliche Leistungen zu erbringen. Mit der medizinischen App BENECURA können SWICA-Versicherte ausserdem bei Krankheitssymptomen einen digitalen SymptomCheck machen und erhalten Empfehlungen fürs weitere Vorgehen. Bei einem anschliessenden Telefonat mit santé24 entscheidet der Kunde im Einzelfall selber, ob er die im SymptomCheck gemachten Angaben santé24 freigeben möchte.

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