Dr. Silke Schmitt Oggier - Med. Leiterin sante24
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5 Fragen an Dr. Silke Schmitt Oggier - Rote Augen: Notfall oder Bagatelle?


Die Gesundheitsberaterin beruhigt die besorgte Grossmutter und versucht, sich durch Fragen ein möglichst genaues Bild von der Situation zu machen. Das 4jährige Mädchen ist momentan nicht erkältet und hatte bisher auch keine Allergien. Nachdem Clara Kühni ein Foto mit ihrem Natel machen und schicken konnte, ist auch klar, dass es sich nicht um ein geplatztes Äderchen im Auge handelt und die Umgebung des Auges nicht mitbetroffen ist. Beim Erzählen des bisherigen Tagesprogramms kommt Clara Kühni in den Sinn, dass ihre kleine Enkelin sich vorher auf dem Spielplatz öfter und relativ fest das Auge gerieben hat, weil es gejuckt hat.

 

Muss ein rotes Auge bei Kindern notfallmässig untersucht werden?
In der Regel nicht, ein rotes Auge ist nur dann ein Notfall, wenn zusätzlich starke Schmerzen bestehen, wenn ein dringender Verdacht besteht, dass ein Fremdkörper im Auge sein könnte, wenn eine Verletzung vorliegt oder die Sehfähigkeit stark eingeschränkt ist. Mit einem stark tränenden Auge ist das Sehen natürlich auch verschwommen, aber nicht deutlich eingeschränkt oder mit Flecken oder Gesichtsfeldeinbussen. Bei kleinen Kindern ist dies natürlich nicht ganz einfach zu erfragen. Am besten, man versucht, zusammen ein Büchlein anzuschauen und sich auf den Bildern Dinge zeigen und beschreiben zu lassen. Dann merkt man in der Regel gut, ob das Kind Mühe hat, die Dinge zu sehen oder den Kopf in eine spezielle Lage bringen muss, um die Bilder anzuschauen.

Welche Krankheiten können hinter einem roten Auge stecken?
Am häufigsten liegt, oft im Rahmen einer Erkältung, eine durch Viren verursachte Bindehautentzündung vor. Selten gibt es dafür auch bakterielle Ursachen, bei denen das Auge in der Regel zusätzlich mit dickflüssigem Eiter verklebt ist. Ab Frühling bis in den Herbst kommt auch Heuschnupfen als Auslöser einer allergischen Bindehautentzündung in Frage. Eine solche Allergie kann in jedem Lebensalter plötzlich auftreten. Dann juckt das Auge häufig zusätzlich. Gibt es einen dunkelroten, gut lokalisierten Fleck im Weiss des Auges, der sich langsam über Stunden ausbreitet , kann ein geplatztes Äderchen vorliegen, was bei Kindern meist harmlos ist, bei Erwachsenen aber auch auf erhöhten Blutdruck oder eine generelle Blutungsneigung hinweisen kann und schnell abgeklärt werden sollte. Gerade bei Kindern kommt es immer wieder vor, dass die Bindehaut durch starkes Reiben gereizt wird und dann ähnlich wie bei einer Bindehautentzündung aussieht.

Wie kann man ein rotes Auge beruhigen oder behandeln?
Um das Auge zu beruhigen, sollte man zuerst versuchen, mehrmals  sterile Kochsalzlösung in das Auge zu träufeln oder es zumindest damit auszuwaschen. Dies kann man mit einem weichen flusenfreien Baumwolltüchlein oder einer Kompresse machen, wobei man immer ohne viel Druck von aussen nach innen Richtung Nase wischen sollte. Wichtig ist auch, für jedes Auge strikt getrennte Utensilien zu verwenden, um evtl. Krankheitserreger nicht so von einem zum anderen Auge zu übertragen. Kleine Ampullen mit steriler Kochsalzlösung gibt es in den Apotheken, aber auch bei den grossen Detailhändlern, meist beim Babyzubehör. Zum Teil bekommt man sie sogar in Tankstellenläden. Wer auf Naturheilkunde setzt, kann «Augentrost» (Euphrasia)-Tropfen verwenden.  Heutzutage nicht mehr empfohlen werden hingegen Kamillen- oder Schwarztee-Kompressen, weil beide unerwünschte Nebenwirkungen haben können.

Wann muss man doch zum Arzt und zu welchem?
Lässt sich das Auge nicht beruhigen, schwillt an, treten Schmerzen im Auge oder im Umfeld des Auges auf oder ist die Sehfähigkeit stark verändert bzw. in irgendeiner Form eingeschränkt oder kommt Fieber dazu, sollte die Situation ärztlich beurteilt werden. Die Erstbeurteilung kann vom Haus- oder Kinderarzt gemacht werden. Mit dicklich-gelblichem Eiter verklebte Augen weisen auf eine bakterielle Ursache der Infektion hin und benötigen ebenfalls eine hausärztliche Beurteilung, um die Abgabe von Antibiotika zu prüfen. Lässt sich das Auge zwar kurzfristig mit Kochsalzlösung beruhigen, tränt und/oder juckt aber trotzdem immer wieder, sollte man mit dem Kinder- oder Hausarzt über eine Allergieabklärung sprechen.

Können Kinder mit roten Augen in den Kindergarten?
Wenn es dem Kind gut geht, es weder Fieber, noch Schmerzen, noch Sehprobleme beklagt, dann kann es in der Regel mit einem geröteten Auge in den Kindergarten oder in die Schule gehen. Zum Schutz des sich gegenseitig ins Auge Fassens und sich Ansteckens und als Lichtschutz, kann man dem Kind auch drinnen das Tragen einer Sonnenbrille empfehlen und es häufig die Hände waschen lassen. Nur eine Form der Bindehautentzündung rechtfertigt einen Kindergarten- oder Schulausschluss: die sogenannte epidemische Bindehautentzündung mit einer Lid- und Lymphknotenschwellung, die zu bleibenden Hornhauttrübungen führen kann.

Nachdem Clara Kühni sich sterile Kochsalzlösung besorgt und ihrer Enkelin damit das Auge mehrmals ausgewaschen hat und diese einen längeren Mittagschlaf gemacht hat, sieht das Auge schon viel besser aus, so dass Enkelin und Grossmutter nicht notfallmässig zum Arzt gehen müssen. Ob eine Abklärung in Richtung Heuschnupfen bzw. allergische Konjunktivitis sinnvoll wäre, wird die Familie  beim nächsten Besuch mit dem Kinderarzt besprechen.

 

Dr. med. Silke Schmitt Oggier ist die Medizinische Leiterin von sante24. Die telefonische Gesundheitsberatung sante24 ist eine zentrale Dienstleistung von SWICA, die den SWICA-Versicherten bei allen Fragen rund um die Gesundheit unter der Nummer 044 404 86 86 kostenlos zur Verfügung steht. Die Fachkräfte von sante24 vereinbaren bei Bedarf einen Arzttermin und schaffen so die Grundlage für eine koordinierte und zielgerichtete Behandlung – von der ersten Beratung bis zum Therapieabschluss.

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