Kein Bauchweh mehr! Was kann das sein? Eine Blinddarmentzündung?». Die Gesundheitsberaterin fragt, wie es Irina sonst geht, ob sie Fieber hat oder noch von anderen Symptomen berichtet, ob sie gut isst und wächst, ob der Stuhlgang auffällig ist und ob die Bauchschmerzen wirklich ständig da sind oder ob es auch schmerzfreie Phasen gibt. All das sind wichtige Anhaltspunkte, um mögliche Ursachen in Betracht zu ziehen.
Wie würde man eine Blinddarmentzündung erkennen?
Eine Blinddarmentzündung kann sich zwar über einige Tage hinziehen, aber nicht über mehrere Wochen und Monate, da die Entzündung ohne Therapie fortschreitet und immer schlimmer wird, was bis zum Platzen des Blinddarms führen kann. Dies ist dann eine Notfallsituation. In der Regel sind die Bauchschmerzen bei einer Blinddarmentzündung im rechten Unterbauch lokalisiert. Sie können aber im Prinzip überall zwischen Bauchnabel und Leiste auftauchen. Typischerweise wird der Schmerz an der schmerzenden Stelle nicht beim Hineindrücken in den Bauch schlimmer, sondern beim schnellen Loslassen. Zudem nimmt der Schmerz beim Hüpfen auf einem Bein massiv zu. Heutzutage muss nicht jeder entzündete Blinddarm operiert werden, sondern lässt sich ja nach Situation auch mit Antibiotikatherapie im Spital in den Griff bekommen.
Kann eine Allergie Grund für die Bauchschmerzen sein?
Lebensmittelallergien können Verdauungsstörungen im Sinne von Bauchschmerzen, Blähungen oder Durchfall auslösen. Allerdings folgen diese direkt auf den Verzehr der Nahrungsmittel, auf die man allergisch ist. Bei Inhaltsstoffen, die, wenn auch nur in Spuren, in vielen verschiedenen (verarbeiteten) Lebensmitteln vorkommen wie z.B. Weizen, Eier, Milch, Nüsse oder Farbstoffe, kann es schwieriger sein, dies alleine aufgrund der Symptome herauszufinden. Wenn ein solcher Verdacht besteht, ist es sinnvoll, eine Woche lang ein genaues Ernährungstagebuch zu führen, in das man alle Lebensmittel, ob flüssig oder fest, einträgt und die Bauchschmerzausprägung dazu schreibt. Dies sind für den Kinderarzt sehr wertvolle Informationen, um die möglichen Diagnosen einzugrenzen und die richtigen Abklärungen einzuleiten.
Wie äussert sich eine Glutenunverträglichkeit (Zöliakie)?
Eine Zöliakie oder Glutenunverträglichkeit, also eine Unverträglichkeit gegen den Getreidekleber Gluten, den fast jedes Getreide enthält, äussert sich bei Kindern meistens nicht nur durch Verdauungsprobleme, sondern auch durch eine Gedeihstörung und vermindertes Wachstum, da der geschädigte Darm auch wichtige Nährstoffe nicht mehr in genügender Menge aufnehmen kann. Deshalb gehört die Zöliakie auch zu den auszuschliessenden Diagnosen, wenn ein Kind zu wenig wächst oder für den Familienrahmen zu klein ist. Für die Diagnose kann man Marker im Blut bestimmen, die aber nicht immer anzeigen. Um die Diagnose zu sichern, ist eine Darmspiegelung mit einer Biopsie erforderlich. Zum einen, um andere chronische Darmerkrankungen wie beispielsweise Morbus Crohn auszuschliessen, zum anderen, weil die Therapie, nämlich sich glutenfrei zu ernähren, zu einschneidend ist, um sie ohne gesicherte Diagnose lebenslang durchzuführen.
Kann Verstopfung auch Bauchweh machen?
Verstopfung ist ein sehr häufiges Problem bei Kindern. Ob diese mit zu wenig Flüssigkeitszufuhr, mit zu wenig Ballaststoffen in der Ernährung, zu viel stopfenden Nahrungsmitteln (Schokolade, Bananen oder Weissbrot…) oder mit zu wenig Bewegung zusammenhängt oder das Kind nicht gerne den Stuhl entleert, weil es dabei Schmerzen oder einen unangenehmen Druck empfindet, ist meistens nicht herauszufinden. Verstopfung kann sich übrigens nicht nur in harten Stuhlballen oder seltenem Stuhlgang äussern, sondern kann bei längerer Dauer sogar auch Durchfall erzeugen. Dies, weil der Stuhlgang, wenn er ins Stocken gerät und länger im Darm vor der verstopften Stelle verweilen muss, durch Gärung zersetzt und verflüssigt wird und sich dann an den harten Stuhlballen vorbeiquetscht. Die Analyse der Stuhlkonsistenz, der Stuhlfrequenz und eine Inspektion des Darmausgangs auf kleinere Einrisse oder ähnliches kann bei dieser Diagnose hilfreich sein.
Was kann sonst Ursache von chronischen Bauchschmerzen sein?
Wenn sich die Bauchschmerzen trotz längerer Dauer nicht verschlechtern und sich ohne Begleitsymptome wie Übelkeit und Erbrechen, Stuhlauffälligkeiten, Fieber, Gelenkschmerzen, Hautausschläge oder Leistungs- und Wachstumsknick präsentieren, sind schwerwiegende entzündliche Erkrankungen des Magen-Darmtraktes und chronische Erkrankungen anderer Organe (beispielsweise kindlicher Diabetes) sehr unwahrscheinlich. Denken sollte man noch an die sogenannte «Bauch-Migräne», die immer wieder auftritt und mit Appetitlosigkeit, Übelkeit, Photophobie und anderen für die Kopfweh-Migräne typischen Begleiterscheinungen einhergeht. Wenn wirklich alles ausgeschlossen ist und auch der Bauchultraschall zeigt, dass alle Bauchorgane normal aussehen, dann muss man überlegen, ob es psychische Ursachen für die Bauchschmerzen geben könnte. Bei kleinen Kindern werden häufig Bauchschmerzen; bei grösseren Kindern und Jugendlichen dagegen eher Kopfschmerzen als Ausdruck psychischen Unwohlseins angegeben.
Ursina Walter ist fürs erste beruhigt, dass eine Blinddarmentzündung eher unwahrscheinlich ist. Auch chronische Erkrankungen mit Leistungs- und Gedeihstörung kommen eher nicht in Frage. Die Stuhlgewohnheiten ihrer Tochter und die Stuhlkonsistenz wird sie beobachten. Wegen der Möglichkeit einer Nahrungsmittelallergie nimmt sich Ursina Walter vor, eine Woche lang ein Ernährungstagebuch zu führen. Mit den gesammelten Informationen will sie dann zusammen mit ihrer Tochter zum Kinderarzt gehen und die Möglichkeiten und Abklärungen mit ihm diskutieren.
Dr. med. Silke Schmitt Oggier ist die Medizinische Leiterin von santé24 und selber Fachärztin für Kinder und Jugendliche. Die telemedizinische Beratung ist eine zentrale Dienstleistung von santé24, die den SWICA-Versicherten bei allen Fragen rund um die Gesundheit unter der Nummer 044 404 86 86 kostenlos zur Verfügung steht. Eine Praxisbewilligung für Telemedizin ermöglicht es den Ärzten von santé24 zudem, bei telemedizinisch geeigneten Krankheitsbildern weiterführende ärztliche Leistungen zu erbringen. Mit der medizinischen App BENECURA können SWICA-Versicherte ausserdem bei Krankheitssymptomen einen digitalen SymptomCheck machen und erhalten Empfehlungen fürs weitere Vorgehen. Bei einem anschliessenden Telefonat mit santé24 entscheidet der Kunde im Einzelfall selber, ob er die im SymptomCheck gemachten Angaben santé24 freigeben möchte.
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