Dr. med. Martin Denz - Chefarzt
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Depression - psychische Gesundheit

Fragen an Dr. med. Martin Denz: "Ich weiss nicht mehr weiter!"


Frau M., 43-jährig, als Sachbearbeiterin zu 100% angestellt, alleinerziehende Mutter von zwei Söhnen in der Pubertät, ruft sante24 an und schildert verzweifelt diverse gesundheitliche Probleme wie Kopf- und starke Rückenschmerzen. Seit Wochen leidet sie unter Ein- und Durchschlafstörungen, zunehmender Gleichgültigkeit, Energielosigkeit sowie Konzentrationsstörungen mit Leistungsabfall am Arbeitsplatz. Sie klagt über Mobbing am Arbeitsplatz und hat Angst, diesen zu verlieren. Vor vier Jahren hatte sie eine Kampfscheidung, worauf sie sich mit ihren Söhnen eine Wohnung mietete. Aus finanziellen Gründen musste sie diese Wohnung vor sechs Monaten aufgeben und kam mit ihren Kindern bei ihren Eltern unter. Sie werde nun auch noch von ihren Eltern häufig kritisiert und habe den Eindruck, alle seien gegen sie. Aufgrund der akuten Krankheitssymptome überweist sante24 Frau M. noch gleichentags an ein santémed Gesundheitszentrum. Nach ganzheitlicher medizinisch-psychologischer Untersuchung wurde Frau M. für vier Wochen 100% arbeitsunfähig geschrieben. Anschliessend konnte sie ihre berufliche Tätigkeit vorerst zu 50%, dann zu 75% und nach 3 Monaten zu 100% wieder aufnehmen. Die Psychotherapie dauerte sieben Monate (1 Sitzung pro Woche; u.a. mit Besprechung der Umsetzung ihrer Erkenntnisse aus der Checkliste stressnostress im Alltag). Während dieser Zeit konnte Frau M. mit ihren Söhnen eine neue Wohnung beziehen und es geht ihr heute gut.

  • Wie erkenne ich, ob ich eine Depression habe?

Ärger, Wut, Trauer, Niedergeschlagenheit gehören genauso zu einem normalen Leben wie Freude, Liebe, Ausgeglichenheit. Wenn Sie jedoch über längere Zeit Stimmungsschwankungen, Grübelzwang, das Gefühl einer inneren Leere, Denk- und Schlafstörungen, allgemeine Lustlosigkeit verspüren, sich kaum noch mit Ihren Kolleginnen treffen und das Leben zu einer Last wird, könnte eine behandlungsbedürftige Depression vorliegen. Weitere Erkennungszeichen einer Depression können Überforderung, Angstzustände, innere Unruhe, Gereiztheit, aggressives Verhalten sowie grosse Mühe, selbst Entscheidungen zu treffen, sein. Nebst rein seelisch ausgelösten Depressionen gibt es auch körperlich begründbare Depressionen (z.B. als unmittelbare Folge von Hirnerkrankungen) oder bei chronischen Schmerzpatienten. Überlegen Sie sich, ob Sie in Ihrem Leben aktuell oder in der Vergangenheit Ereignisse hatten, die Sie seelisch belasten, Sie nicht loslassen können und noch mit niemandem darüber gesprochen haben.

  • Was ist der Unterschied zwischen normaler Erschöpfung, Traurigkeit und den Anzeichen einer Depression?

Erschöpfung ist ein häufiges und vorübergehendes Symptom, das auf bestimmte Umstände wie ein stressiger Arbeitstag, eine körperliche Tätigkeit oder Schlafmangel zurückgeführt werden kann. Traurigkeit beschreibt eine negative, gedrückte Grundstimmung, die meist durch ein seelisch schmerzliches oder entmutigendes Ereignis oder einen Verlust verursacht wird. Phasen von Erschöpfung und Traurigkeit gehören zum Leben. Dauern sie jedoch länger an, kann die Lebensfreude stark beeinträchtigt werden und sich eine Depression entwickeln.

  • Was soll ich unternehmen, wenn ich bei mir eine Depression vermute? Wann muss ich zum Arzt?

Wenn Sie bei sich eine Depression vermuten, sollten Sie Dinge unternehmen, die Ihnen Spass machen: z.B. sich Ihren Hobbys widmen; Sport machen; sich öfters mit Nachbarn/Kollegen treffen, um etwas zu unternehmen (z.B. gemeinsam Kochen). Konzentrieren Sie sich auf Erlebnisse und Handlungen, die Ihr Selbstwertgefühl steigern. Vermeiden Sie «untaugliche Problemlöser» wie Drogen oder Alkohol. Durch Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe können Sie sich mit anderen Personen in einer ähnlichen Situation gegenseitig unterstützen. Wenn Ihre Lebensqualität stark beeinträchtigt ist, sollten Sie Ihren Hausarzt aufsuchen und mit ihm über Behandlungsmöglichkeiten sprechen. Darüber hinaus sind Psychiater oder psychologische Psychotherapeuten die richtigen Ansprechpartner. Wissensvermittlung und Aufklärung über diese Erkrankung trägt entscheidend zum Behandlungserfolg bei. Wichtig ist, dass eine Depression rechtzeitig erkannt und konsequent behandelt wird.

  • Wie sieht eine übliche Behandlung aus und wie lange dauert sie?

Im Vordergrund der modernen Behandlung einer Depression stehen Psychotherapie und bei Bedarf Antidepressiva, deren Wirksamkeit erwiesen ist. Ferner werden weitere gesundheitsfördernde Behandlungsmassnahmen wie Entspannungstechniken, soziales Kompetenztraining, Stressbewältigungsstrategien etc. angewendet. Je nach Intensität der Depression dauert die Behandlung mehrere Wochen oder Monate.

  • Was können Angehörige machen?

Angehörige sind immer mitbetroffen und sollten sich daher fachlich beraten lassen, um die erkrankte Person besser verstehen und begleiten zu können. Angehörige laufen Gefahr, sich zu überfordern und sind häufig einem erhöhten Erkrankungsrisiko ausgesetzt. Nehmen Sie die Aussagen und Verhalten einer Person, die an einer Depression erkrankt ist, nicht zu persönlich. Auch Angehörigen bieten Selbsthilfegruppen Unterstützung und geben Halt durch den Austausch von Informationen und Erfahrungen.

  • Was kann ich tun, damit es gar nicht erst soweit kommt?

Pflegen Sie soziale Kontakte, bewegen Sie sich regelmässig (Joggen, Tanzen etc.) und ernähren Sie sich gesund. Setzen Sie sich mit Ihren Stressfaktoren auseinander und versuchen Sie, diese abzubauen. Achten Sie einfach ein bisschen mehr auf sich. Für die psychische Gesundheit ist es wichtig, sich selbst zu akzeptieren, angenehme Dinge zu machen und sich bewusst etwas Gutes zu tun.

Dr. med. Martin Denz ist Chefarzt von santé24. Die telefonische Gesundheitsberatung sante24 ist eine zentrale Dienstleistung von SWICA, die den SWICA-Versicherten bei allen Fragen rund um die Gesundheit unter der Nummer 044 404 86 86 kostenlos zur Verfügung steht. Die Fachkräfte von sante24 vereinbaren bei Bedarf einen Arzttermin und schaffen so die Grundlage für eine koordinierte und zielgerichtete Behandlung – von der ersten Beratung bis zum Therapieabschluss.

Weitere Informationsquellen: siehe links

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