Die Kinder-Impfsprechstunde bei santé24 ist heute gut gebucht. Die nächste Anruferin, Frau Zimmermann, ist die Mutter eines 13-jährigen Zwillingspärchens. «Ich wollte gerade beim Kinderarzt den Termin für die Gebärmutterhalsimpfung für meine Tochter Clara vereinbaren, da hat die Praxisassistentin am Telefon gesagt, ich soll ihren Zwillingsbruder Nico auch gleich mitbringen. Das kann doch nicht sein, oder? Er kann doch gar keinen Gebärmutterhalskrebs bekommen. Ehrlich gesagt war ich so überrumpelt, dass ich jetzt den Termin für beide gemacht habe, obwohl ich glaube, dass es sich um ein Missverständnis oder um einen Scherz handelt. Denken Sie das auch?» fragt Frau Zimmermann die Kinder-Fachspezialistin am santé24-Telefon.
Gegen was genau impft man denn bei dieser Gebärmutterhalskrebsimpfung?
Gebärmutterhalskrebs entsteht auf dem Boden einer durchgemachten Infektion mit den sogenannten Humanen Papilloma-Viren oder HP-Viren. Durch die Impfung kann man zum grossen Teil die Ansteckung mit diesen HP-Viren verhindern. Deshalb wird die Impfung auch korrekt HPV-Impfung und nicht Gebärmutterhalskrebs-Impfung genannt. Gebärmutterhalskrebs ist allerdings die häufigste durch diese Viren ausgelöste Krebsart und in der Schweiz der fünfthäufigste Krebs bei Frauen zwischen 20 und 49 Jahren. Es gibt über hundert verschiedene Humane Papilloma-Viren, die nicht alle Krebs auslösen können. Allerdings infizieren sich in der Schweiz mehr als 70 Prozent aller Männer und Frauen im Laufe ihres Lebens damit. Bei einer von vier bis fünf Frauen entartet eine Infektion mit den HPV-Typen 16 oder 18 zu einer Krebsvorstufe oder zu Krebs am Gebärmutterhals. Ist man geimpft, sollte man sich nicht mit den am häufigsten vorkommenden krebserregenden HP-Viren anstecken können.
Können humane Papilloma-Viren noch andere Krankheiten hervorrufen?
Humane Papilloma-Viren können Krebs in verschiedenen Körperregionen verursachen und unabhängig davon auch sehr schmerzhafte und unangenehme Warzen im Genital- und Analbereich, sogenannte Condylome, hervorbringen. In der Schweiz ist etwa jede zehnte Person von solchen Warzen betroffen. Man kann zwar versuchen, diese mit Laserbehandlungen zu entfernen, dies ist jedoch schmerzhaft und unangenehm. Zudem kehren die Condylome häufig wieder zurück.
Wieso soll man jetzt auch Jungs im Alter zwischen 11 und 14 Jahren impfen lassen?
Neben dem Gebärmutterhalskrebs und den Warzen nehmen auch HPV-verursachte Krebsformen an anderen Körperstellen wie Mund, Rachen, Genitalbereich und Darmausgang (Anus) zu. Ausser vom Gebärmutterhalskrebs können von den anderen Krebsformen und den schmerzenden Warzen auch Jungs bzw. Männer betroffen werden. Ausserdem können sie HP-Viren unbemerkt an Frauen weitergeben. Deshalb hat man sich im Rahmen des Impfplans 2024 in der Schweiz neu dazu entschlossen, den Buben zum selben Zeitpunkt wie den Mädchen die HPV-Impfung als Basis-Impfung mit zwei Impfdosen im Alter zwischen 11 und 14 Jahren zu empfehlen. Im Rahmen der kantonalen Impfprogramme ist die Impfung deshalb jetzt auch für Jungs komplett kostenlos, das heisst ohne Franchise und Selbstbehalt.
Wie steckt man sich denn mit humanen Papilloma-Viren an?
Infektionen mit humanen Papilloma-Viren zählen zu den sexuell übertragbaren Infektionen, da die Viren vor allem auf der Haut oder Schleimhaut der Genitalregion zu finden sind. Dort lösen sie allerdings erst einmal keinerlei Symptome aus, so dass man nicht weiss, dass man die Viren auf sich trägt. Durch Hautkontakt oder Berührung infizierter Schleimhäute kann man sich anstecken. Deshalb ist die Infektionsgefahr vor Aufnahme sexueller Handlungen nahezu Null, mit Beginn der sexuellen Aktivität steigt sie dann jedoch an. Das Ansteckungsrisiko in der Schweiz ist im Alter zwischen 16 bis 25 Jahren am höchsten. Um einer Infektion vorzubeugen, sollte man also ganz sicher vor Erwachen der Sexualität geimpft sein. Auch die Benutzung von Kondomen schützt nicht genügend vor HPV-Ansteckungen, da sich die Viren nicht in der Spermien- oder Vaginalflüssigkeit befinden, sondern auf der nicht immer vom Kondom bedeckten Genitalhaut.
Sollen geimpfte Mädchen oder junge Frauen trotzdem bei der gynäkologischen Untersuchung einen Krebsabstrich vom Gebärmutterhals (PAP-Test) machen lassen?
Ja, unbedingt! Die HPV-Impfung schützt zwar in sehr hohem Mass vor Gebärmutterhalskrebs, der durch bestimmte HP-Viren ausgelöst werden kann. Sie deckt aber nicht sämtliche HPV-Typen ab und schützt auch nicht vor möglichen anderen Krebsauslösern. Deshalb sollten junge Frauen die gynäkologischen Vorsorgeuntersuchungen inklusive PAP-Abstrich unbedingt durchführen lassen –auch wenn sie geimpft sind.
Die Verwirrung von Frau Zimmermann bezüglich der HPV-Impfung für ihren Sohn Nico hat sich während des Telefonats etwas gelegt, sie möchte sich aber trotzdem noch genauer mit dem Thema auseinandersetzen und dies auch mit ihrem Mann und den Zwillingen besprechen. Deshalb gibt die santé24-Kinder-Fachspezialistin ihr noch die Links zu Informationen über die HPV-Impfung vom BAG (Humane Papillomaviren (HPV) (admin.ch)) und von Infovac, der offiziellen Informationsplattform für Impffragen ( HPV - humane Papillomaviren: die Krankheit und der Impfstoff (infovac.ch)), damit sie das Ganze nochmal in Ruhe durchlesen kann.
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