Dr. Silke Schmitt Oggier - Med.Leiterin sante24
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Können wir trotz Ohrenweh mit unserer Tochter (5) nach Hause fliegen?

«Wir haben den Sommer noch ein bisschen in die Herbstferien hinein verlängert und sind seit einer guten Woche auf Mallorca. Unsere Tochter Laura ist eine richtige Wasserratte und war fast die ganze Zeit im oder am Pool. Seit heute Morgen hat sie starkes Ohrenweh auf einer Seite, aber kein Fieber. Können wir so heute Abend zurückfliegen? Die Fluggesellschaft sagt, bei einer Mittelohrenentzündung dürfen wir nicht fliegen, sonst bräuchten wir ein «Fit to fly»-Arztzeugnis. Können Sie uns da helfen, wir haben extra unser TytoHome-Gerät mit in die Ferien genommen, falls so etwas passiert?» sprudelt es aus Herrn Abderhalden heraus. Die Gesundheitsberaterin am santé24-Telefon beauftragt den Vater, mit dem TytoHome-Gerät eine Ohrspiegelung beider Ohrgänge seiner Tochter zu machen und die Aufnahmen an santé24 freizugeben, damit die Ärzte es sich anschauen und eine klare Diagnose stellen können.


Wieso darf man mit einer Mittelohrenentzündung nicht fliegen?

Schon mit gesunden Ohren sind Start und Landung beim Fliegen zum Teil unangenehm. Man spürt den rasch wechselnden Luftdruck in den Ohren. Durch Schlucken, Gähnen oder Kaugummikauen lässt sich das unangenehme Gefühl meist relativ schnell wieder beheben. Ist das Mittelohr jedoch entzündet, funktioniert dieser Druckausgleich meistens nicht. Die Folge sind stärkste Schmerzen, zum Teil kombiniert mit Hörminderung und Übelkeit. Im schlimmsten Fall kann das Trommelfell platzen und eine Einblutung ins Mittelohr verursachen. Bis das Ganze dann wieder komplett ausgeheilt und die Hörfähigkeit wiederhergestellt ist, können einige Wochen vergehen. In den Richtlinien der International Air Transport Association (IATA) gilt eine Mittelohrenentzündung so lange als Ausschlusskriterium für eine Flugreise, bis der Druckausgleich wieder problemlos möglich ist. 

Wie kann man bei Ohrenweh eine Mittelohrenentzündung ausschliessen?

Gerade bei kleineren Kindern ist es fast unmöglich, bei Ohrenweh eine Mittelohrenentzündung (Otitis media) sicher auszuschliessen, ohne mit einem Ohrenspiegel in den Gehörgang bis zum Trommelfell hineingeschaut zu haben. Ausserdem haben nicht alle Kinder zu Beginn schon Fieber. Auch der Anleitung, einen Druckausgleich zu versuchen, indem man die Nase zuhält und Luft vom Mund-/Rachenraum in die Ohren presst, bis man hört und spürt, dass das Trommelfell sich bewegt, können kleine Kinder nicht folgen. Ebenso ist bei ihnen der Versuch, mit abschwellenden Nasentropfen den Druckausgleich zu ermöglichen, nicht sicher interpretierbar.

Was nützt das TytoHome-Gerät bei Ohrenschmerzen?

Mit dem TytoHome-Gerät, einem modernen Telemedizin-Device, kann man als Laie mit etwas Übung mittels einem speziellen Aufsatz den Gehörgang bis zum Trommelfell einsehen, sofern es nicht viel Schmalz im Ohr hat und die Schmerzen des Patienten es zulassen. Die Untersuchung wird automatisch gefilmt und kann den Ärzten von santé24 über eine Online-Plattform zugestellt werden. Anhand der Ohrspiegelung (Otoskopie) können die Ärzte unterscheiden, ob die Schmerzen tatsächlich von einer Mittelohrenentzündung ausgelöst werden oder zum Beispiel von einer auch sehr häufigen und ebenso schmerzhaften Entzündung des äusseren Gehörgangs (Otits externa). Eine Otits externa ist kein Ausschlussgrund für eine Flugreise, da das Mittelohr nicht mitbetroffen ist und somit durch die speziellen Druckverhältnisse bei Start und Landung keinen Schaden nehmen kann. 

Wieso bekommt man eine Gehörgangentzündung?

Es gibt verschiedene Gründe, eine Gehörgangentzündung zu bekommen. Einer der häufigsten Auslöser ist länger dauernde Feuchtigkeit im Gehörgang durch ständigen Kontakt mit Wasser. Deshalb nennt man die Gehörgangentzündung im Volksmund auch «Taucherohren». Durch die ständige Feuchtigkeit wird die Haut des Gehörgangs aufgeweicht und durchlässig für Keime, die dann eine Entzündung hervorrufen können. Diese Entzündung ist oft genauso schmerzhaft wie eine Mittelohrenentzündung und meistens von aussen nicht sichtbar, da sie sich weiter innen im Gehörgang befindet, wo man mit blossem Auge nicht hinsehen kann.

Wie lässt sich eine Gehörgangentzündung therapieren? 

Um die starken Schmerzen zu bekämpfen, benutzt man herkömmliche Schmerzmittel mit Paracetamol oder Ibuprofen als Inhaltstoff. Bei Kindern richtet sich die Dosierung nach dem Körpergewicht. Wenn man sicher ist, dass das Trommelfell intakt und nicht in Mitleidenschaft gezogen ist, kann man die Entzündung im Gehörgang in der Regel gut mit Antibiotika-Tröpfchen behandeln. Der Spuk ist dann meistens nach wenigen Tagen vorbei. Bei Menschen, die viel im Wasser sind und zu solchen Entzündungen neigen, empfiehlt man prophylaktisch, sogenannte «Tauchertröpfchen» aus der Apotheke ins Ohr zu träufeln, um die Gehörgangshaut besser vor dem Wasser zu schützen. 


Die santé24-Ärztin kann aufgrund der aufgenommenen Ohrspiegelung mit dem TytoHome-Gerät bei Laura eindeutig eine Entzündung des äusseren Gehörgangs diagnostizieren. Das Trommelfell ist nicht mitbetroffen, so dass eine Mittelohrenentzündung ausgeschlossen werden kann. Familie Abderhalden kann also getrost am Abend nach Hause fliegen, ohne ein gesundheitliches Risiko einzugehen und ohne noch vor Ort zu einem Arzt gehen zu müssen. Die Dosierung für den Ibuprofen-Saft, den die Familie in die Ferien mitgenommen hat, berechnet die santé24-Ärztin, so dass Laura die Heimreise mit möglichst wenig Schmerzen antreten kann. Das Rezept für die Antibiotika-Tröpfchen mailt die Ärztin der Einfachheit halber in die Flughafenapotheke in der Schweiz, damit Familie Abderhalden die Therapie noch am Abend zuhause starten kann. Beim Recall am übernächsten Tag hat die ganze Familie den Rückflug wie erwartet gut überstanden, und Lauras Gehörgangentzündung ist schon fast vollständig abgeheilt.  

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