Schluss mit perfekt
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Schluss mit perfekt

Hohe Standards, alles bis ins letzte Detail durchdacht und immer in Panik, dass etwas den Ansprüchen der anderen oder den eigenen nicht entsprechen könnte? Perfektionismus kann krankmachen. Wie man sich aus dem Sog der vermeintlichen Makellosigkeit befreit, verrät der Gesundheitstipp.


«Was sind Ihre Schwächen?» – eine Frage, die man nur zu gut aus vergangenen Bewerbungsgesprächen kennt. Eine typische Antwort darauf: «Ich bin sehr perfektionistisch.» Und tatsächlich: Perfektionismus kann eine Angewohnheit sein, die einen schwächt – muss sie aber nicht. Das teils zwanghafte Phänomen lässt sich in zwei Kategorien unterteilen.

Gesundes Streben nach Perfektion

Bei Personen, die stets ihr Bestes geben und eine hohe Leistung erbringen wollen, ist vom funktionalen Perfektionismus die Rede. Sie setzen sich Ziele, die sie erreichen möchten, können es aber akzeptieren und lassen sich davon nicht herunterziehen, sollten sie diese verfehlen. Erbringen sie die von ihnen festgelegte Leistung erwartungsgemäss, können sie sich darüber freuen und sind stolz auf sich selbst.

Schattenseiten der Perfektion

Folgt auf das Verfehlen eines hochgesteckten Ziels jedoch Besorgnis, handelt es sich um dysfunktionalen Perfektionismus. Betroffene grübeln oftmals ununterbrochen über den Problemen ihrer Leistung. Ihren Selbstwert machen sie von ihrer Performance abhängig und orientieren sich stark an der Meinung anderer. So ist auch die konstante Suche nach Anerkennung für das Ergebnis ihrer Arbeit typisch für sie. 

Adieu Perfektionismus

Durch den ständigen Leistungsdruck, den sich dysfunktionale Perfektionistinnen und Perfektionisten selbst auferlegen, haben sie ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines Erschöpfungssyndroms.

Stellt man im Alltag bei sich selbst negativ-perfektionistische Tendenzen fest, kann man diese bewusst abtrainieren und lernen, Fehler und Unsicherheiten zu akzeptieren.

 

1. Negative Denkmuster durchbrechen

Über Jahre redet man sich ein, dass man schlecht sei, wenn man Fehler mache, dass man nichts wert sei, wenn man keine perfekte Leistung abliefere und andere einen für dumm hielten. Dieses negative Gedankenkarussell gilt es zu stoppen. Um sich der negativen Gedanken bewusst zu werden, sollte man sich diese deshalb jeweils aufschreiben, ins Positive umkehren und dann verinnerlichen. So wird aus «Ich bin schlecht, wenn ich Fehler mache» ein «Fehler machen ist menschlich – dadurch lerne ich und komme weiter». Damit sich diese neuen Glaubenssätze gut einprägen lassen, sollte man sie an einem Ort positionieren, an dem man sich öfters aufhält (zum Beispiel am Spiegel im Bad). 

2. Kontrolle abgeben

Man hat etwas bis ins letzte Detail geplant und akribisch durchstrukturiert? Läuft es dann aber nicht so ab, wie man sich das vorgestellt hat, ist das kein Weltuntergang – die Erde dreht sich trotzdem weiter. Es ist wichtig, sich bewusst zu werden, dass man nicht alles und alle kontrollieren kann.

3. Kritikangst überwinden

Perfektionistisch veranlagte Personen neigen dazu, es allen immer recht machen zu wollen, niemanden zu enttäuschen und Kritik um jeden Preis zu verhindern. Dass man das Gefühl hat, immer zu 100 Prozent für die Menschen um sich herum funktionieren zu müssen, setzt einen unter enormen Druck. Was den Druck noch verstärkt: Für die Mitmenschen wird dieser Einsatz zur Selbstverständlichkeit. Bevor man also versucht, es allen anderen recht zu machen, sollte man es sich zuerst selbst recht machen und genau überprüfen, was einen gesund erhält.

4. Fehler zulassen

Niemand ist fehlerfrei. Fehler machen uns menschlich. Deshalb sollte man sich trauen, Fehler zu machen. Sieht man bei einer Aufgabe die Möglichkeit, diese anders zu lösen, ist sich aber nicht sicher, ob es funktioniert, sollte man es trotzdem wagen. Funktioniert es? Wunderbar. Hat’s nicht wie gewünscht geklappt? Was soll’s – wieder etwas gelernt. So entwickelt man sich weiter. Sprichwörter wie «Probieren geht über Studieren» oder «Erfahrung ist der beste Lehrmeister» können dabei sehr hilfreich sein.

5. Weniger ist mehr

Die 80-20-Regel («Pareto-Prinzip») besagt, dass 80 Prozent der Ergebnisse mit 20 Prozent des Gesamtaufwandes erreicht werden können. Die restlichen 20 Prozent für ein 100-prozentiges Ergebnis entsprechen einem deutlich höheren Aufwand (80 Prozent), der sich selten lohnt und unverhältnismässig ist. Bezüglich Zeitmanagement ist das besonders spannend. Um Zeit zu gewinnen und Stress zu reduzieren, sollte man sich deshalb nicht bei allem, was man tut, im Detail verlieren und die Prioritäten auf die wichtigen 80 Prozent ausrichten.

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