Wohnblock mit mehreren Wohnungen

Wohnpolitik und Mietpreise in Winterthur: Wie geht die Entwicklung weiter?

Es knistert in Winterthur und das nicht nur in den frisch sanierten Altbauwohnungen, deren Parkettboden plötzlich in Gold aufzuwiegen scheint. Die Stadt, einst der kleine Bruder Zürichs, hat längst ihre Beschaulichkeit abgeschüttelt und zieht Menschen an wie ein Magnet. Kein Wunder, dass sich Mieten in Höhen schwingen, die selbst alteingesessene Winterthurer mitunter fassungslos zurücklassen.


Winterthur auf dem Sprung

Rund 1500 bis 1800 Franken für eine 2,5-Zimmer-Wohnung. Wer in Winterthur eine Bleibe sucht, muss tief in die Tasche greifen. Größere Wohnungen liegen mühelos zwischen 1800 und 2500 Franken und wer auf ein nigelnagelneues Domizil spekuliert, zahlt gern noch ein paar Hunderter drauf. Zürich liegt zwar nach wie vor ein Stückchen darüber, doch die Preisabstände schrumpfen. 

Basel, Bern und Luzern atmen da noch etwas durch, während St. Gallen für unter 1500 Franken mancherorts noch ein Dach über dem Kopf bietet. Winterthur hingegen lockt mit einer hervorragenden Anbindung nach Zürich, einem wachsenden Kulturangebot und einer pulsierenden Gastro-Szene, in der es genauso gut ein Glas Naturwein geben kann wie einen Abstecher zu Action für Haushaltskram, Deko oder die legendären Schnäppchen, die längst zur heimlichen Sportart vieler Sparfüchse geworden sind. Alles Faktoren, die sich gnadenlos in die Mietpreistabellen einschreiben.

Wenn Nachfrage auf Knappheit trifft

Seit 2010 hat Winterthur seine Bevölkerung um stolze 20.000 Menschen vergrößert. Wer da noch glaubt, es gäbe Wohnungen im Überfluss, irrt gewaltig. Die Nähe zu Zürich treibt Menschen ostwärts und Winterthur mutiert zur Ersatzstadt.

Gleichzeitig galoppieren die Baukosten davon, weil Rohstoffe wie Holz und Stahl seit der Pandemie im Preis explodiert sind. Investoren wittern lukrative Geschäfte und gönnen in alten Häusern gern eine Luxussanierung, was die bisherigen Mieten gehörig in die Höhe treibt. 

Pensionskassen und Fonds wollen schließlich Rendite sehen, also fließen die Milliarden eher in edle Neubauten als in günstige Mietwohnungen. Zudem wird das Bauland in Winterthur immer knapper, wodurch auch der letzte Quadratmeter zum umkämpften Schatz wird. 

Während die Wohnkosten steigen, wird vielerorts geraten, zumindest bei Dingen wie Wohndeko klug zu haushalten, weil selbst hübsche Kissen und Bilderrahmen das Budget nicht zusätzlich sprengen sollten, wenn der nächste Umzug schon in der Luft liegt.

Mehr Menschen, zu wenig Wohnungen

Großprojekte wie der Stadtraum Winterthur sollen Tausenden ein Zuhause bieten. Sulzerareale und Bahntrassen werden bebaut, in luftige Höhen schießen Kräne empor. Doch leider entstehen dabei überwiegend Wohnungen im oberen Preissegment, während günstiger Wohnraum rar bleibt

Unter 2000 Franken wird es bei Neubauten schwierig. Die Leerstandsquote liegt unter einem Prozent, jede Wohnung wird sofort vom Markt aufgesogen. So bleibt Menschen mit kleinerem Budget oft nichts anderes übrig, als sich an den Stadtrand oder in die Agglomeration zu verdrücken.

Droht Winterthur ein Schicksal wie Zürich?

Es mehren sich Stimmen, die Winterthur bald auf Zürcher Preisniveau sehen. Vor allem Innenstadtlagen, das Sulzerareal oder die Bahnhofsgegend ziehen finanziell besser gestellte Mieter an. 

Einkommensschwächere Haushalte finden sich zunehmend in weniger gefragten Quartieren wieder, wodurch die bisher bunte Mischung der Stadt zu bröckeln beginnt. Der unverwechselbare Charakter, in dem sich Industriecharme, Künstlerateliers und einfache Arbeiterviertel mischten, droht Investorenarchitektur zu weichen.

Neue Wohnmodelle und kreative Lösungen

Hoffnung keimt dennoch auf. Wohnbaugenossenschaften bieten Mieten, die bis zu 30 Prozent unter dem Markt liegen. Clusterwohnungen, bei denen private Zimmer klein bleiben und großzügige Gemeinschaftsflächen Kosten sparen, könnten eine Lösung sein, wenngleich sie in Winterthur noch Exotenstatus haben. Verdichtetes Bauen, Aufstockungen oder die Umnutzung leerstehender Gewerbeflächen erscheinen ebenso als 

Mittel gegen Wohnungsnot, auch wenn politische Diskussionen diese Vorhaben oft bremsen. Wer beim Einrichten sparen möchte, greift lieber zu Secondhandmöbeln oder Brocki-Schätzen, statt sich in Designerlampen zu verlieren, die beim nächsten Umzug ohnehin nur Spesen verursachen. Denn eines steht fest: In Winterthur ist nichts so stetig wie der Wandel, insbesondere beim Wohnen.

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