«Ich bin so froh, dass ich bei Ihnen durchkomme! Wir sind seit einer Woche in Süditalien in einer Ferienwohnung. Es ist sehr heiss und die Klimaanlage funktioniert nicht so ganz, so dass wir alle sehr schwitzen. Seit heute Nacht hat unsere zweieinhalbjährige Tochter jetzt auch noch ganz wässrigen Durchfall. Wir wissen nicht mehr, was wir machen sollen und kennen uns hier unten natürlich auch gar nicht aus mit der Gesundheitsversorgung. Was können wir tun und was müssen wir beachten?» Die santé24-Gesundheitsberaterin kann den Stress und die Ängste von Frau Berger durchs Telefon spüren, kann ihr aber gute Tipps und Handlungsanweisungen für die nächsten Stunden geben.
Was verursacht Durchfall?
Neu auftretender, sehr weicher bis wässriger Stuhlgang bei einem bisher gesunden Kind ist meistens Ausdruck einer (Magen-)Darminfektion. Ob diese durch Viren (Ansteckung über andere Betroffenen, Toiletten oder Handtüchlein) oder durch Bakterien (verdorbene oder verunreinigte Lebensmittel) verursacht wurde, spielt zu Beginn keine grosse Rolle. Eine Ausnahme dieser Regel sind die Tropen oder Entwicklungsländer, in denen es Bakterien gibt, die einer relativ schnellen Antibiotikagabe bedürfen. Im Sommer oder in heissen Regionen können sich Bakterien generell in nicht oder schlecht gekühlten oder nicht durchgegarten Lebensmitteln schneller ausbreiten. Ob man nur Durchfall bekommt oder zusätzlich auch erbrechen muss, ist bei den verschiedenen Erregern unterschiedlich.
Wieso kann Durchfall gefährlich werden?
Die Erreger breiten sich im Darm aus und schädigen die Darmschleimhaut. Dadurch kann der Darm Wasser und verschiedene Blutsalze (Elektrolyte) nicht mehr aus dem Speisebrei zurück ins Blut holen. Je wässriger der Stuhlgang ist und je häufiger der Durchfall auftritt, desto schneller verliert der Körper grosse Mengen an Flüssigkeit und Blutsalzen. Bei zusätzlichem Erbrechen kann auch zugeführte Flüssigkeit nicht mehr behalten werden, so kann der Wasser- und Salzverlust nicht mehr kompensiert werden. Der Körper trocknet schnell aus und die Elektrolyte kommen in eine bedrohliche Dysbalance. Hitze und Schwitzen verschlimmern den Flüssigkeits- und Salzverlust noch. Insgesamt kann die Situation lebensgefährlich werden, wenn Flüssigkeit und Elektrolyte nicht ersetzt werden können.
Was kann man bei oder gegen Durchfall machen?
Am wichtigsten ist es, die durch den Durchfall verlorene Menge an Flüssigkeit und Blutsalzen (Elektrolyten) mit speziellen Trinklösungen schnell zu ersetzen. Elektrolytlösungen aus der Apotheke haben den Vorteil, dass die verschiedenen Salze und Zucker in optimaler Mischung darin enthalten sind. Hat man gar keine Apotheke in der Nähe, kann man selbst eine sogenannte Drittelsmischung herstellen: je ein Drittel Orangensaft/(Schwarz)Tee/Wasser plus eine Prise Kochsalz und Backpulver. Geht es dem Kind noch gut, es ist wach und spielt in den Durchfallpausen, sollte man nach jedem flüssigen Stuhlgang 100-150 ml (bei Säuglingen 50-100ml) der verlorenen Flüssigkeit ersetzen. Dies in kleinen Portionen, am besten löffelweise oder schluckweise mit einem Röhrchen. Zeigt das Kind schon beginnende Zeichen der Austrocknung, steigt der Bedarf an Elektrolytlösung in den ersten drei bis vier Stunden auf 40-50ml pro Kilogramm Körpergewicht.
Was sind Notfallsymptome, bei denen man zum Arzt muss?
Körperliche Anzeichen für eine Austrocknung sind etwa ein trockener Mund, trockene Lippen, weisse, schlaffe Haut und trockene Augen. Bei Säuglingen kann darüber hinaus die Fontanelle (mit Haut bedeckte rautenförmige Knochenaussparung) am Oberkopf einsinken. Wichtig ist auch, die Ausscheidung von Urin zu beurteilen, wenn dies neben dem Durchfall möglich ist: Muss das Kind aufs WC zum Wasserlösen bzw. sind die Windeln auch ohne Durchfall nass? Ist der Urin hell wie sonst oder sehr konzentriert gelb/dunkelgelb und wenig? Wenig und konzentrierter Urin spricht für ein deutliches Flüssigkeitsdefizit. Häufiger werdende wässrige Stühle, zusätzliches Erbrechen oder blutiger Durchfall machen einen Arztbesuch notwendig. Bei Zeichen wie zunehmender Schläfrigkeit, Fieber über 38.5° C oder schneller Atmung sollte das Kind dringend in die Arztpraxis oder in eine Notfallaufnahme gebracht werden. Mit einer sogenannten Re-Hydrierung über die Venen direkt in die Blutbahnen geht es den Kindern dann meistens schnell wieder gut.
Wer hilft, wenn man im Ausland ins Spital muss?
Wenn man im Ausland notfallmässig ins Spital oder in einen Notfall gehen muss, können erfahrungsgemäss die Mitarbeitenden an der Rezeption der Hotel- oder Ferienwohnungsanlage oft sehr gut Auskunft geben. Sie kennen sich lokal bestens aus. Ansonsten kann auch die Auslandsabteilung der Krankenversicherung weiterhelfen. Diese muss man kontaktieren, um die Kostendeckung zu klären, wenn man stationär im Ausland in ein Spital aufgenommen werden muss. Die Auslandsmitarbeitenden beraten zum Teil auch und ihre lokalen Mitarbeitenden können Empfehlungen abgeben.
santé24 kann Frau Berger durch das Telefonat und die Tipps gut beruhigen. Ihre kleine Tochter zeigt noch keine Anzeichen von Austrocknung. Ihren Mann, der ein bisschen Italienisch spricht, schickt sie sofort in die Apotheke, um eine Elektrolytlösung zu kaufen. Mit den Angaben, wieviel Flüssigkeit die kleine Tochter zu sich nehmen soll, ist die ganze Familie viel sicherer, dass sie die Durchfallepisode wohl ohne fremde Hilfe meistern können. Zur Sicherheit erkundigt sich Frau Berger noch bei der Rezeption der Ferienwohnanlage, wo die nächste Kindernotfallpraxis ist, und wie deren Öffnungszeiten sind. Beim Recall am nächsten Tag hat Familie Berger schon das Schlimmste überstanden. Die kleine Tochter hat super mitgemacht und die empfohlene Flüssigkeit brav zu sich genommen. Die restlichen Familienmitglieder sind gesund geblieben, was eher für ein verdorbenes oder verunreinigtes Lebensmittel als für einen Virus als Auslöser spricht.
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