dr. Silke Oggier - med. Leiterin santé24
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5 Fragen an Dr. Silke Schmitt Oggier - Fruchtsäfte und Kleinkinder

«Ich brauche Ihre Fachmeinung», beginnt Frau Roesle in der santé24-Ernährungsberatungssprechstunde. «Ich hüte oft meinen kleinen Enkel Timo. Er ist jetzt 20 Monate alt und so herzig – wir verstehen uns wirklich gut, er liebt es, bei mir zu sein. Weil mir eine gesunde Ernährung sehr am Herzen liegt, kaufe ich auch immer frische Bio-Fruchtsäfte, die er sehr gerne mag.  Jetzt sagt meine Schwiegertochter, dass Fruchtsäfte gar nicht gut sind, und ich soll ihm Wasser zu trinken geben, das bekäme er zuhause auch immer. Ich glaube, sie ist etwas eifersüchtig auf unsere gute Beziehung und dass Timo bei mir so gut isst und trinkt… oder hat sie Recht mit ihrer Aussage?» beendet die verunsicherte Grossmutter ihre Frage. Die santé24-Ernährungsberaterin schmunzelt, weil Frau Roesle nicht die Einzige ist, die meint, dass Fruchtsäfte sehr gesund sein sollen. Sie kann ihr einige Tipps und Erklärungen dazu geben.


Wieso sind Fruchtsäfte nicht so gesund wie man meint?

Reine Fruchtsäfte enthalten schon natürlicherweise relativ viel Zucker in Form von Fruchtzucker (Fruktose). Entgegen der landläufigen Meinung ist Fruchtzucker aber nicht besser oder gesünder als weisser Industriezucker. Fruchtzucker wird nämlich ohne Insulin im Körper verstoffwechselt und begünstigt wahrscheinlich die Entstehung von Übergewicht und Fettleber und hat einen negativen Einfluss auf die Blutfettwerte. Auch greift er in den Sättigungsmechanismus ein – fructosereiche Lebensmittel fördern Heisshungerattacken. Studien zeigen, dass der Konsum von zuckerhaltigen Getränken im Kindesalter mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung von Übergewicht und Karies assoziiert ist. Auch für die Zahngesundheit sind Zucker und Säuren, wie in Fruchtsäften enthalten, nämlich nicht förderlich. Vor allem das Dauernuckeln von zucker- oder säurehaltigen Getränken, Fruchtpürees (z.B. aus Babyflaschen, Flaschen mit Ziehverschluss oder aus Quetschbeuteln) und die Flasche «zum Einschlafen» greifen die Zähne an, auch die, die noch im Zahnfleisch verborgen sind. Pure Fruchtsäfte sind schon aufgrund des natürlich vorkommenden Zuckers sehr süss und kalorienreich und daher nicht als Durstlöscher geeignet. Sie ersetzen allenfalls eine von fünf empfohlenen Portionen Früchte oder Gemüse pro Tag. Dies aber nur, wenn wirklich kein Zucker zusätzlich zugesetzt ist. Hierfür kann eine Gemüse- oder Fruchtportion pro Tag durch 1dl Fruchtsaft (ohne zusätzlichen Zuckerzusatz) ersetzt werden – am besten verdünnt mit genauso viel Wasser. Ganze Früchte enthalten im Gegensatz zu Saft oder Smoothies sehr viele sekundäre Pflanzenstoffe, die neben den Vitaminen und Mineralstoffen für ihre gesundheitsfördernden Wirkungen verantwortlich sind. Eine ganze Frucht zu essen ist also deutlich gesünder, als nur ihren Saft zu trinken.

Wie viel sollen Kinder trinken?

Flüssigkeit ist für unseren Körper essentiell und manchmal sogar wichtiger als feste Nahrungsmittel (z.B. bei Brechdurchfall oder während akuter Erkrankungen). Kleinkinder ab einem Jahr sollten pro Tag ca. 800 ml bis zu einem Liter zu sich nehmen, Schulkinder etwa einen bis eineinhalb Liter. Bei starker körperlicher Aktivität und bei hohen Umgebungstemperaturen erhöht sich der Bedarf. Allerdings sind Schwankungen in der Trinkmenge normal und von Kind zu Kind unterschiedlich. Kinder sollten nicht vom Trinken abgehalten werden, sondern regelmässig zu den Mahlzeiten und auch zwischendurch Wasser (oder andere ungesüsste/zuckerfreie Getränke) aus einer Tasse oder einem Becher, später aus dem Glas trinken können. So sollten Kinder mehrmals am Tag aufs WC gehen können und der Urin sollte möglichst durchsichtig und hellgelb aussehen. Dunkelgelber Urin deutet auf ein Flüssigkeitsdefizit hin und auch in der Windel gut erkennbar.

Was sind gesunde Durstlöscher für Kinder?

Wasser und bei uns in der Schweiz Hahnenwasser ist und bleibt der optimale Durstlöscher – preisgünstig, jederzeit frisch und kühl und qualitativ einwandfrei zu bekommen. Natürlich gilt dasselbe für Mineral- oder Tafelwasser. Bei Säuglingen gilt es, auf niedrigen Salzgehalt (Natrium) zu achten. Wer mehr Geschmack möchte, kann auch ungesüsste Früchte- oder Kräutertees zubereiten und diese kalt oder warm anbieten. Auch Wasser lässt sich geschmacklich aufpeppen, wenn man z.B. Früchte, Gemüse oder Kräuter als Ganzes oder geschnitten in die Karaffe zum Wasser dazugibt und etwas durchziehen lässt. Koffeinhaltige Getränke wie Kaffee-Getränke, Schwarztee, Grüntee, Weisser Tee, Oolong Tee, Mate Tee, Pu-Erh-Tee, Eistee, Cola-Getränke und Energy Drinks sind für Kinder nicht geeignet. Cola-Getränke und andere Softdrinks hemmen die Calziumaufnahme im Darm und sind deshalb wahre «Knochenfresser» in einer Zeit, in der die Knochen für den Rest des Lebens aufgebaut werden müssen.

Zählt Milch nicht zu den Getränken? 

Milch, Kakao und andere Milch- oder Joghurtmixgetränke weisen einen hohen Energiegehalt auf und gelten daher eher als Zwischenmahlzeiten.

Bei welchem Trinkverhalten sollte man genauer hinschauen?

Wenn ein Kind plötzlich sehr viel mehr Durst hat als gewöhnlich und dies nicht durch veränderte Umweltfaktoren oder sportliche Aktivitäten erklärbar ist, sollte man aufmerksam werden. Erhöhter Durst kann auf einen insulinabhängigen Diabetes (Diabetes Typ1) hinweisen. Allerdings kommen dann meist schnell noch andere Symptome wie Bauchschmerzen, Kraftlosigkeit, Müdigkeit und ein starkes Krankheitsgefühl dazu. 

Auch bei Kindern, die nachts oder auch tagsüber neu einnässen oder länger eine Windel benötigen als Gleichaltrige, lohnt es sich, die Konzentration des Urins beim Kinderarzt zu untersuchen. Wenn ein gewisses Hormon fehlt, das dafür zuständig ist, genügend Flüssigkeit im Körper zurückzubehalten (antidiuretisches Hormon), kann der Körper den Urin nicht genügend konzentrieren, was zu Einnässen oder sehr spätem Trockenwerden beitragen kann. Dieser Hormonmangel ist manchmal vererbt, so dass das Problem schon bei anderen Familienmitgliedern bekannt, manchmal jedoch nicht diagnostiziert ist.


Frau Roesle ist erstaunt über all die Infos, die sie rund um gesundes Trinkverhalten und gesunde Durstlöscher von der santé24-Ernährungsberaterin bekommen hat. Sie teilt ihre Erkenntnisse und die Rezepte für coole gesunde Getränke stolz mit ihrer Schwiegertochter. Für Timo gibt`s künftig verschiedene ungesüsste Tees und Wasser, was der Liebe zur Grossmutter keinen Abbruch, seiner Gesundheit aber sehr guttut.   

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