Ben Müller meldet sich auf Englisch am santé24-Telefon: «Sicher haben Sie auch schon von zwei Kindern gehört, die kürzlich in Texas an Masern gestorben sind?! Wir fliegen in fünf Wochen mit unserem gerade sechs Monate alten Baby dorthin, um meine Familie das erste Mal nach der Geburt zu besuchen. Meine Verwandtschaft drüben ist gross und in jeder Altersstufe, also auch Kindergarten- und Schulkinder unter den Neffen, Nichten und Cousins. Kann man denn unser Baby schon früher gegen Masern impfen als im Plan vorgesehen? Ich habe Angst wegen der vielen Masernfälle dort in der Gegend.» Die santé24-Gesundheitsberaterin kann Herrn Müller schon am nächsten Tag einen Termin in der santé24-Kinderimpfsprechstunde anbieten, wo er seine berechtigten Fragen in Ruhe mit einer Fachperson besprechen kann.
Wie sieht es momentan weltweit und besonders in Texas, in Europa und in der Schweiz mit den Masernzahlen aus?
Nachdem die Masern aufgrund der Impfmöglichkeiten in vielen Ländern inkl. Amerika als ausgerottet galten, steigen die Zahlen an Masern-Erkrankten momentan weltweit stark an. Auch in Europa meldeten im letzten Monat 27 Länder Masern-Fälle mit den höchsten Zahlen in Rumänien, Frankreich und den Niederlanden. Die meisten Erkrankten waren nicht oder nur einmal gegen Masern geimpft. Auch in der Schweiz haben die Masern-Meldungen in den letzten Monaten deutlich zugenommen. In Amerika wurden in den ersten vier Monaten dieses Jahres bereits dreimal mehr Fälle registriert als im ganzen Jahr davor. Einen schweren Masern-Ausbruch gab es zuletzt im Bundesstaat Texas, wo erstmals seit zehn Jahren wieder zwei Kinder an der Infektionskrankheit starben – auch sie waren ungeimpft.
Sind Masern generell eine gefährliche Krankheit?
Masern sind eine der ansteckendsten Viruserkrankungen des Menschen und waren vor Einführung der Impfung in den frühen 1970er-Jahren weltweit verbreitet, so dass fast jeder sie in der Kindheit durchgemacht hat. Deshalb gelten die Masern fälschlicherweise als harmlose Kinderkrankheit. Die meisten Masern-Erkrankten, die sich in gutem Ernährungs- und Gesundheitszustand befinden, haben einen unkomplizierten Krankheitsverlauf und werden wieder ganz gesund ohne bleibende Folgen. Es besteht jedoch die Gefahr, dass sich als Komplikation eine Lungenentzündung (10 bis 60 von 1000 Fällen) und/oder sogar eine Entzündung des ganzen Gehirns (1 von 1000 Fällen) entwickelt, die zum Tod oder zu bleibender schwerer Behinderung führen kann. Leider ist bis heute nicht klar, welche Menschen zu diesen Komplikationen neigen, wobei Säuglinge und Kleinkinder sowie Erwachsene über 20 Jahren, Immunreduzierte und Schwangere ein erhöhtes Risiko haben. Gegen das Virus selbst gibt es bisher keine Medikamente und keine spezifische Therapie.
Wie sind die typischen Symptome bei Masern?
Masern haben typischerweise einen zweiphasigen Verlauf. Zuerst kommt es im Zeitraum von sieben bis achtzehn Tagen nach der Ansteckung zu unspezifischen, erkältungsähnlichen Symptomen wie Fieber, Müdigkeit, Bindehautentzündung, Husten und Schnupfen. Typisch sind kalkspritzerartige weisse Flecken auf entzündeter Wangenschleimhaut, die man aber nur entdeckt, wenn man danach sucht. Drei bis fünf Tage nach Auftreten dieser Erst-Symptome kommt es zu einem zweiten Fieberanstieg und zur Ausprägung des typischen bräunlich-rosafarbenen, fleckigen, zusammenlaufenden Hautausschlags. Dieser beginnt im Gesicht und hinter den Ohren und kann sich über den ganzen Körper ausbreiten. Das dann starke Krankheitsgefühl hält in der Regel nochmals vier bis sieben Tage an, bevor der Hautausschlag parallel zum Fieber weniger wird und ganz verschwindet. Danach kann man oft eine Abschuppung der Haut beobachten. Zu den gefürchteten Komplikationen kann es in der zweiten Krankheitsphase kommen. Personen mit einer ärztlich bestätigten Masernerkrankung sollten mindestens bis zum vierten Tag nach Ausbruch des Hautausschlags zu Hause bleiben und Kontakte zu Personen vermeiden, bei denen der Impfstatus nicht geklärt ist und/oder kein Schutz gegen Masern angenommen werden kann.
Wie kann man sich mit Masern anstecken?
An Masern Erkrankte sind bereits vier Tage vor Auftreten des Ausschlags bis vier Tage nach Abklingen des Ausschlags ansteckend. Das Masern-Virus kann durch das Einatmen infektiöser Tröpfchen von Masern-Patienten beim Sprechen, Niesen oder Husten übertragen werden oder durch Kontakt mit infektiösen Sekreten aus Nase oder Rachen der Betroffenen. Wie beim Covid-Virus kann es aber auch zu einer Übertragung über die Luft kommen, so dass nicht unbedingt ein direkter Kontakt mit einer infizierten Person stattgefunden haben muss. Masern-Viren wurden noch bis zu zwei Stunden in Räumen nachgewiesen, nachdem Patienten diese schon wieder verlassen hatten. Als Ungeimpfter ist die Wahrscheinlichkeit, an Masern zu erkranken, bereits nach kurzer Exposition grösser als neunzig Prozent. Masern gelten deshalb als eine der ansteckendsten Erkrankungen des Menschen.
Kann man sich gegen schwere Verläufe von Masern generell schützen und auch, wenn man schon Kontakt zu jemanden mit Masern-Verdacht hatte?
Ja, die Masernimpfung schützt vor schweren Verläufen. In der Schweiz ist die Impfung gegen Masern allen Babys im Alter von 9 und 12 Monaten in Kombination mit Mumps, Röteln und Varizellen (wilden Blattern) empfohlen. Grund für die Impfung gegen diese Krankheiten ist es, deren manchmal äusserst schwer verlaufende Komplikationen zu verhindern. Eine Ansteckung mit einem leichten Krankheitsverlauf kann nicht immer verhindert werden. Erwachsene, die 1964 oder später geboren wurden und weder zweimal geimpft sind noch Masern sicher durchgemacht haben, sollten nachgeimpft werden. Man geht bisher davon aus, dass eine zweimalige Impfung lebenslangen Schutz bietet. Aufgrund der immunologischen Besonderheiten des Lebendimpfstoffes können Menschen mit reduziertem Immunsystem aufgrund Erkrankung oder immunsuppressiver Therapie, sowie Schwangere nicht gegen Masern geimpft werden, obwohl sie ein erhöhtes Risiko von Komplikationen haben. Deshalb gelten auch bei uns strenge Vorgaben in Bezug auf Masern, bei denen schon der Verdacht meldepflichtig ist. In Gemeinschaftseinrichtungen wie Schulen, Heimen, Arbeitsstätten, Sportvereinen usw. werden Personen, die weder geimpft sind noch Masern nachweislich durchgemacht haben, aber Kontakt zu einem Masern(Verdachts-)Fall hatten, bis zu drei Wochen von der Einrichtung ausgeschlossen bzw. isoliert. Innerhalb 72 Stunden nach Erst-Kontakt zu einem Masern-Fall in der ansteckenden Phase kann man sich allerdings durch eine Impfung noch vor der Erkrankung schützen und muss dann auch nicht isoliert werden. Da die ansteckende Phase allerdings schon vier Tage vor dem typischen Hautausschlag beginnt, muss man Glück haben, um die 72 Stunden einhalten zu können.
Ben Müller schätzt es sehr, dass die Fachperson in der santé24-Kinderimpfsprechstunde sich so viel Zeit nehmen und ihm und seiner Frau alle Fragen gut beantworten kann. Da es evtl. in Ben Müllers Familie in Texas auch ungeimpfte Familienmitglieder gibt, besteht tatsächlich ein höheres Risiko, dort mit Masern in Kontakt zu kommen. Für solche Fälle kann man die Impfung schon bei Babys ab 6 Monaten verabreichen, um möglichst einen Schutz vor einem schweren Verlauf zu erreichen. 92 Prozent der Babys entwickeln schon nach der ersten Impfung ausreichende Antikörper. Mit dieser Information vereinbaren die Müllers einen Termin bei ihrem Kinderarzt, um ihr Baby rechtzeitig vor dem Familienbesuch in Texas bestmöglich vor Masern zu schützen. Im Gespräch wird zudem klar, dass auch Herr Müller selber, der nicht geimpft ist und nicht sicher Masern durchgemacht hat, sich noch vor den Ferien nachimpfen lassen sollte.
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